Dienstag, 31. März 2009

Tiefpunkte einer Kultur: Zeugnisse einer grausamen Geschichte

Nach Angkor Wat ist auch unser zweiter Stop in Kambodscha geprägt von kambodschanischer Geschichte. In diesem Fall allerdings nicht von den großen architektonischen Zeugnissen längst vergangener Größe, sondern von einem Kapitel der jüngeren Vergangenheit, das in der Menschheitsgeschichte an Grausamkeit und unmenschlichem Irrsinn wohl nur von einem erfolglosem Maler aus Braunau und seinen braunen Gesellen „übertroffen“ wird.
Zum besseren Verständnis ein kurze Geschichtsstunde: Am 15. April 1975 marschieren die so genannten Roten Khmer, kommunistische kambodschanische Revolutionäre, in der Hauptstadt Phnom Penh ein und beenden damit gut fünf Jahre Bürgerkrieg. Dies ist der Startschuss für ein Regime, das die Methoden seiner kommunistischen Genossen weltweit aussehen lässt wie einen Kindergeburtstag: Die Roten Khmer wollen in ihrem „Democratic Kampuchea“ den totalen Kommunismus umsetzen und verwandeln im Zuge dessen das gesamte Land in einen völlig abgeschotteten Agrarstaat. Seine Einwohner sind nur noch ein großes Arbeiterkollektiv, jegliches Privateigentum und Geld werden abgeschafft, ebenso wie motorisierte Fahrzeuge; „Intellektuelle“ (alle, die vor der Revolution keine Farmer oder Arbeiter waren, in der Stadt gelebt haben, westliche Kleidung oder eine Brille tragen und/oder eine Hochschule absolviert haben) werden zu Farmern und Arbeitern „umfunktioniert“ oder in aller Heimlichkeit gefoltert und dann exekutiert; Familien werden getrennt, gegengeschlechtlicher Kontakt dient ab sofort nur noch der Fortpflanzung, Kinder werden von der Partei „erzogen“ (Schulen gibt es keine mehr) und dienen ihr als Spitzel und Kindersoldaten; Sämtliche Städte werden „geleert“, alle werden zur Evakution in die Arbeitskommunen aufs Land gezwungen, Männer, Frauen, Kinder, Babys, schwangere Frauen, bettlägerige Krankenhauspatienten, alle.
Dass es im Zuge dieses Prozesses den einen oder anderen Dorn im roten Auge der Revolution geben würde, war zu erwarten. Wer sich nicht völlig unterwirft bzw. nicht dem Rassenbild des perfekten Arbeiters entspricht, wird auf die eine oder andere Art aussortiert: Die „Dissidenten“ werden geköpft, gehängt, aufgeschlitzt oder einfach erschlagen (Munition Sparen ist angesagt), meistens auch noch vorher gefoltert. Insgesamt sterben (nach verschiedenen Schätzungen) zwischen 20 und 25% der Bevölkerung, ca. eine Million Menschen.
Das Ende dieses Spuks kommt erst, als die Roten Khmer diese Grausamkeiten auch über die Grenze zu Vietnam ausweiten und dort ganze Dörfer niedermetzeln. Nach jahrelanger Provokation greift der ehemalige Verbündete Vietnam im Dezember 1978 Kambodscha an, marschiert nur 14 Tage später in Phnom Penh ein und setzt eine neue Regierung ein. Die Roten Khmer ziehen sich daraufhin wieder in den Dschungel zurück, aus dem sie gekommen waren, und terrorisieren noch bis 1992 die Lande, als die UNO eine Truppe Blauhelme schickt und im weiteren Verlauf langsam wieder Normalität einkehrt, soweit das nach so einer Vergangenheit noch möglich ist.
Treppenwitz der Geschichte: Ebendiese UNO hatte „Democratic Kampuchea“, sprich die Roten Khmer, noch bis 1992 als die reguläre Regierung von Kambodscha anerkannt, weil dies den Regierungen von Thailand, China und den USA besser ins Konzept passte. Vor dem UNO-Hauptquartier in New York flatterte noch bis 1992 diesselbe rote Fahne im Wind, in deren Schatten gut 15 Jahre vorher ein paar Wahnsinnige eine ganze Nation versklavt hatten (und als Guerillas zu diesem Zeitpunkt immer noch taten). Als wir das gelesen haben, haben wir uns wirklich gefragt: Wo gibtäs denn sowas? Was kommt als nächstes? Posthume Nominierung der Herren Hitler, Stalin und Mussolini für den Friedensnobelpreis, für ihre Bemühungen zur Bildung einer „reineren“ Welt?!
Von diesen Jahren Ende der 1970er berichtet heutzutage vor allem das Tuol Sleng Genozid-Museum und das in aller wörtlichen und grafischen Deutlichkeit. Die Roten Khmer hatten diese Volks- und Hauptschule in das mittlerweile berüchtigte S-21 umgewandelt, ein kambodschanisches Ausschwitz, kleiner als das deutsche Konzentrationslager, aber an Grausamkeit durchaus ebenbürtig. Tausende Schwarzweiß-Fotografien der ehemaligen Gefängnisadministration zeigen die Gesichter der gut 17.000 Opfer der Anstalt und allein schon die Bandbreite dieser Fotos deutet den Wahnsinn des Geschehens an: Babys, Kleinkinder, Männer, Frauen, abgemagerte Greise - in der Auswahl seiner Opfer was das „Democratic Kampuchea“ wirklich demokratisch: Vor ihrem Henker waren alle gleich – gleich hilflos. Die Aufenthaltsdauer der Gefangenen variierte von zwei bis sieben Monaten, das Ende aber war für alle gleich: Tod durch Exekution in den Killing Fields von Choeung Ek, etwas außerhalb von Phnom Penh, die wir ebenfalls besucht haben. Dort geben heute Infotafeln an den Gruben, die einmal Massengräber waren, Auskunft über Details der Exekutionsstätte. In ihrer teils brutalen Nüchternheit passen die Informationen gut zur systematischen Grausamkeit, die hier vorgeherrscht haben muss: „In diesem Massengrab wurden 166 geköpfte Leichen gefunden“, „Es musste Munition gespart werden, deshalb verwendete man Schaufeln, Äxte, Spitzhacken, Holzschläger und ähnliche Werkzeuge, um die Gefangenen zu erschlagen“, „An diesem Baum wurden Babys und Kleinkinder exekutiert, in dem man sie an den Füßen und Beinen packte und gegen den Baum schlug“. Dominiert wird das Gelände heute von einem schlichten, aber einschüchternden Denkmal: ein gut 20 Meter hoher Turm, gläserne Wände, darin einige tausend Schädel und Knochen der hier Exekutierten.
Wie man sich vorstellen kann, sind wir angesichts dieser Eindrücke mit eher mulmigem Magen und betretenem Gesicht über das Gelände getrottet. Aber wie schön, dass es doch noch einige hartgesottene Touristen gibt, die sich von soviel Wahnsinns nicht abschrecken lassen, sondern sich gemäß ihrer gottgegebenen Lebensaufgabe mit einem Lächeln vor einem Kasten voller Knochen ablichten lassen. Man möchte ihnen am liebsten in ihre lächelnde Fresse hauen...

Samstag, 28. März 2009

Angkor what?

Die Tempel von Angkor. Schon der Name unserer nächsten Station hat etwas Erhabenes, Monumentales an sich. Die dazugehörigen Bauwerke stehen dem in Nichts nach. Selbst als Ruinen, teilweise schon vom Dschungel überwuchert, strahlen sie immer noch Größe, Erhabenheit und Macht aus. Man kann sich kaum vorstellen, wie sie als „Neubauten“ vor gut 1000 Jahren ausgesehen haben mögen, in voller Blüte, mit zehntausenden Einwohnern, zu einer Zeit, als London noch ein angelsächsiches Kaff auf einer unwirtlichen Insel war und die Einwohner von New York die im Sumpf ansässige Froschpopulation.
Blumige Worte werden dem Erlebnis kaum gerecht, hier wirklich zu stehen. Versuchen wir es deswegen mit einigen harten Fakten. Allein schon ihre Größe ist schwer zu vergleichen. Nimmt man nur die Anlage von Angkor Wat als Beispiel, so ist sie mit einer Grundfläche von 1,5 km mal 1,3 km die größte religiöse Anlage der Welt und damit größer als die modernen Shoppingtempel Europark und Ikea in Salzburg zusammen. Dabei ist diese nur eine, wenn auch die größte, von 52 Tempelanlagen und anderne Khmer-Bauwerken, die hier in einem Umkreis von ca. 50 km dem Dschungel und dem Verfall trotzen. Manche hatten bereits im vergangenen Jahrhundert Restaurierung nötig, um sie überhaupt wieder als Bauwerk erkennbar zu machen, und in fast jedem findet man Metall- und Holzstützen, die bereits wankende Mauern oder einsturzgefährdete Türbögen vor dem endgültigen Einsturz bewahren. Aber wie gesagt, Dschungel und Verfall hin oder her, auch heute schaffen sie es, die Besucher zu beeindrucken, mit nur einem Bruchteil ihres alten Glanzes. Manche der Tempel, wie Ta Phrom oder Ta Som, sind schon dabei berühmter für ihre eindrucksvolle Baum-wächst-aus-Mauer-Szenerie (nicht zuletzt verwendet als prominente Kulisse in Kinofilmen wie „Tomb Raider“ und „Indiana Jones“) als für ihren eigentlichen Stellenwert als Bauwerk. Zudem sind sie nicht nur sehenswert, sondern auch wortwörtlich erlebenswert: Wohl kaum irgendwo in der „zivilisierten“ und vor allem reglementierten westlichen Welt bekäme man die Gelegenheit, mehr oder weniger völlig narrenfrei auf einem jahrhundertealten Weltkulturerbe herumzukraxeln, was wir als bekennende Kindsköpfe und Indiana-Jones-Fans natürlich ausgiebig getan haben: Keine Security in den Tempeln, keine Wachtposten, keine Beschränkungen oder Absperrungen vor besonderen Stellen, nur ein paar sich teilweise widersprechende Warnschilder. Die Tempel von Angkor sind nicht nur ein Weltwunder, sondern auch ein wunderbarer Abenteuerspielplatz.
Doch während die Tempel und Paläste von der längst vergangenen glorreichen Vergangenheit der Khmer-Könige erzählen, wird man schon bei der Ankunft vor den Tempeln mit der wenig glorreichen Gegenwart des heutigen Kambodscha konfrontiert: Unzählige Frauen und Kinder jeden Alters bestürmen die Besucher, schon bevor diese überhaupt aus ihrem Tuk-Tuk ausgestiegen sind. Zum Verkauf stehen Bücher über Angkor Wat, kopierte Lonely Planet-Reiseführer, Armbänder, Snacks, Schals und „cold waaatteeeeeeeeer, sir, buy my cold waaaattteeeeeeeer, sir?“ Und da die einzelnen Ruinen und Gebäude jeweils einige Minuten mit dem Tuk-Tuk voneinander entfernt liegen,wiederholt sich dieses Ritual vor und nach jeder Tempelanlage, wenn wir aus dem Tuk-Tuk aus- und wieder einsteigen.
Das Problem ist dabei weniger, dass die Leute lästig wären. Das zwar auch ein wenig, aber was weit mehr an die Substanz geht, ist das ständige Zurückweisen der Kinder im Kindergarten- und Volksschulalter. Wieder und wieder und wieder betteln dich kleine Kinder mit großen Augen an „Please, sir, mister, you buy bracelet, ten for one Dollar“ und wieder und wieder musst du Nein sagen, den ganzen Tag lang, immer wieder „no, sorry, no, thank you!“. Sie bzw. ihre Familien sind wahrscheinlich auf dieses Geld angewiesen, aber man kann einfach nicht hunderte Dollar für Bücher, Schals und Armbänder ausgeben, so gerne man ihnen auch irgendwie helfen möchte. Davon abgesehen, dass die Kohle wahrscheinlich dann sowieso bei einem koreanischen Mafioso landet, der schon an der nächsten Straßenecke wartet.
Armut ist auch das passende Stichwort für unseren Ausflug zum Tonle Sap, dem größten Süßwasser-See Südostasiens, auf dem wir uns ein Floating Village anschauen wollen, sprich, ein Dorf, das konstant auf dem See schwimmt, von Wohnhäusern über Lokale und die Schule bis hin zum schwimmenden Basketballkorb. Was sich ursprünglich sehr interresant angehört hatte, stellte sich aber sehr schnell als „Armuts-Sightseeing“ heraus: Schon der Ort, an dem das Boot losfährt, ist ein wortwörtlich stinkendes Dreckloch, in dem die Leute in einfachsten Bambus-/Wellblechhütten hausen, unter absolut menschenunwürdigen Bedingungen. Im Floating Village ein ähnliches Bild, nur dass die Armut hier eben obenauf schwimmt und nicht im Dreck versinkt und deswegen eine Touristenattraktion darstellt: Die Touris werden durch das Dorf hindurch zur Besichtigung der örtlichen Schule gefahren, jedoch nicht ohne vorher im schwimmenden Supermarkt ein paar Stifte oder Hefte für die Kinderlein gekauft zu haben (die dann wahrscheinlich unbenutzt wieder zum Supermarkt zurückwandern, um das nächste Boot abcashen zu können). Dabei immer im Schlepptau: Dorfbewohnerinnen, die von ihrem Holzboot aus mit ihrem Baby im Arm die Besucher um Geld anbetteln. Tja, und mittendrin wir Möchtegernabenteurer, die am Vorabend zu siebt einen Geldbetrag in Alkohol investiert hatten, mit dem man wahrscheinlich sämtliche Kinder hier durch die Schule bringen könnte. Und plötzlich fühlten sich die T-Shirts, die wir am Abend davor in der Bar gratis zu den Drinks dazubekommen hatten (für zwei Krüge Cocktails ein T-Shirt... ja, es war recht lustig...) ungefähr so passend an wie eine Nazi-Uniform bei einem Besuch an der Klagemauer.
Letztlich hinterließen also diese Szenen aus der kambodschanischen Gegenwart einen leider mindestens ebenso starken Eindruck, wie die Zeugnisse der (ruhmreicheren) Khmer-Vergangenheit. In dieser Tonart sollte es dann in der Hauptstadt Phnom Penh weitergehen, wo wir uns näher mit der mörderischen Vergangenheit von Kambodscha zu Zeiten der Roten Khmer auseinandergesetzt haben.

Mittwoch, 18. März 2009

Vang Vieng – Jedes Land braucht sein Malle, Teil 3

Vom relaxten Weltkulturerbe und Mönchprozessionen weiter zur Touristenhochburg und unserem alten Bekannten, dem Bucket: Sechs Stunden Busfahrt trennen die beiden Extreme Luang Prabang und Vang Vieng, vier davon über holprige, schlangenliniege Bergstraßen, durch abgeschiedene kleine Bergdörfer und auch durch ein bisschen Buschfeuer. Diese Fahrt hat uns auch davon überzeugt, dass es im Laotischen wahrscheinlich keine Wörter gibt für "Ortsbeschränkung", "Auf Sicht fahren" oder "Elchtest". Aber immerhin, wir sind alle unbeschadet angekommen und unser Gepäck ebenso.
Wie schon angedeutet, ist Vang Vieng (soweit wir das beurteilen können) sowenig eine authentische laotische Stadt wie Obertauern ein traditionelles österreichisches Bergdorf ist: Die Hauptstraße besteht de facto nur aus Touristenunterkünften, Restaurants, Cafés und Bars, alle im Gästeraum geradezu tapeziert mit großen Flachbildschirmen, die Passanten mit "Friends", "Family Guy" und den "Simpsons" dauerbeschallen und –strahlen und so Gäste anlocken sollen. Aber wer weiß, vielleicht gehören die ersten paar Stafeln von "Friends" genauso in jedes anständige laotische Wohnzimmer wie die "Piefke Saga" und "Muttertag" in jedes österreichsche.
Hauptattraktion von Vang Vieng ist das so genannte "Tubing", zu deutsch "In einem LKW-Reifen-großen Gummischlauch den Fluß hinuntertreiben" (Manchmal hat ein Anglizismus doch eine Daseinsberechtigung). Diese Aktivität ist zwar an vielen Orten möglich, wird aber wohl kaum anderswo so gekonnt kombiniert mit Saufen, Party, Tralala wie in Vang Vieng. Der Tubing-Teil des Nam Song ist mittlerweile weniger ein Fluß als vielmehr ein Wasser-Funpark, an dem sich Soddom und Gomorrha tagtäglich zuprosten: Mehr als zehn Bars säumen die gut einen Kilometer lange Tubing-Strecke, jede kaum mehr als ein Holzgerüst am Ufer mit laustarker Technomusik, allerlei Bier und Buckets im Angebot und "Lockvögeln", die dich und deinen Reifen, wenn gewünscht, via Seil aus dem Fluß in die Bar ziehen. Und nicht zu vergessen die Hauptattraktion jeder Bar: 10 bis 15 Meter hohe Schaukeln und Rutschen, die die Besucher aus dementsprechend wüster Höhe (schätzomativ fünf bis zehn Meter) ins Wasser befördern. Meistens sind es Schaukeln, bei denen du an einem Trapez hängend von der Startplattform losspringst und dann in oben erwähnter Höhe hin- und herschwingst, bis du und/oder dein zu schwacher Bizeps sich entscheiden, loszulassen, hoffentlich mit einer Flugbahn, die nicht am nächstbesten Felsen endet. Ebenfalls beliebt die Variante, bei der du am Trapez hängend ein Stahlseil entlangrutscht bis zum dessen Ende, an dem dich die Fliehkraft dann höflich ins Wasser bittet, indem sie dir die Arme abreißt. Kommentieren zuhause im Schwimmbad die Zuschauer hie und da einmal einen Bauchplatscher mit verzerrtem Gesicht und kurzen „ups“- und „autsch“-Lauten, so kommt hier eigentlich jede Wasserlandung aus der Kategorie „Fuck, that’s gotta hurt!“. Diesem Kommentar können wir sowohl als Zuschauer als auch als „Landungsobjekt“ nur zustimmen.
Einerseits ein Riesenspaß und Nervenkitzel, überhaupt wenn wie hier kombiniert mit Partystimmung und einem dezenten Schwips. Andererseits (Achtung Kinder, hier kommt die Moralkeule): In Österreich hat wohl jeder kleine Wasserfall mit Sprungmöglichkeit mehr Bestimmungen zu erfüllen als dieser Mördergeräte hier, beziehungsweise schert sich mit ziemlicher Sicherheit kein offizielles Schwein um die Sicherheit bei dieser Gaudi. Und der Mensch, der dir das Trapez in die Hand drückt, ist kaum fähig zu beurteilen, ob die Landebahn frei ist, geschweige denn ist er „staatlich geprüfter Sicherheitsexperte für Schaukeln und Wasserrutschen“.
Bei einigen hundert betrunkenen und drogenbenebelten Benutzern täglich ergibt das schon in der Theorie eine ziemlich gefährliche Mischung. Die Praxis bestätigt das durch wüste Erzählungen anderer Teilnehmer („Ich arbeite seit fünf Tagen hier und hab schon gesehn, wie einer auf die Felsen geklatscht ist – tot, Genickbruch.“) sowie durch eigene Erfahrungen: Fast jeder aus unserer Gruppe hat kleine Wehwehchen aus dem Fluß mitgehommen, der Jackpot geht dabei an unsere belgische Mitreisende An: Eine missglückte Rückenlandung hat ihren Rücken in allen Farben des Regenbogens eingefärbt und wie sich einige Tage später vor ihrem Abflug im Krankenhaus in Bangkok herausstellte, sind zwei ihrer Rippen angeknackst.
Aber bei aller medizinischen Schwarzmalerei, es war ein weiteres, letztlich lustiges Erlebnis am Weg, wir snd alle gesund, munter und froher Dinge und Ans Reise ist mittlerweile sowieso vorbei, nicht wegen des Rückens, sondern weil es so geplant war.
Abgesehen vom Tubing hatte Van Vieng auch landschaftlich einige Highlights in der näheren Umgebung zu bieten, die wir mit ein paar gemieteten Mopeds erkundschaftet haben. „Born to be wild... und staubig“, sag ich da nur ;-) Nach einem ganzen Tag auf holprigen Schotterstraßen hat Lukas’ Moped dann allerdings leider den Geist aufgegeben, mitten in der laotischen Pampa, kurz vorm Dunkelwerden, yupidu. Die „Rettungsaktion“ war letztlich aber doch sehr unterhaltsam: Mit Händen und Füßen konnten wir jemandem im nächsten Dorf mit einem Pickup in der Garage begreiflich machen, dass wir ein hier verrecktes Moped haben, das wir gerne auf von ihm in die Stadt transportieren lassen würden. Prinzipiell auch kein Problem, nur musste der gute Man (mit Frau und Tochter) erstmal sein eigenes Transportmittel anschieben, bevor er uns helfen konnte, und auf der Fahrt in die Stadt ist ihm dann auch noch ein Reifen geplatzt. Aber sowohl Lukas als auch Moped als auch alle anderen plus Gefährt sind letztlich wieder heil im Guesthouse angekommen. Gerade rechtzeitig für die nächste Runde „Family Guy“...
Nach Vang Vieng war die laotische Hauptstadt Vientiane unsere nächste Station, von der es allerdings null (in Worten: Nichts) zu erzählen gibt. Merken: Wenn sogar schon der Lonely Planet eine Stadt als „wahrscheinlich die entspannteste Hauptstadt der Welt“ bezeichnet, steht da in Wahrheit ganz groß LANGEWEILE. Deswegen sind wir nach zwei Tagen auch wieder aufgebrochen zu einer 24stündigen 1000-Kilometer-Tuk-Tuk-Nachtzug-Bus-Taxi-Odysee via Bangkok, die uns zu einem der Highlights, wenn nicht sogar DEM Highlight, des Südostasientrips führen soll: Die Khmer-Tempelstadt Angkor Wat.

Dienstag, 17. März 2009

Laos P.D.R. – Please don’t rush!

Die offizielle Bezeichnung für Laos lautet „Laos P.D.R.“. Letzteres steht eigentlich für „People’s Democratic Republic“, eine Bezeichnung mit der sich kommunistische Staaten offenbar gerne schmücken. In Backpackerkreisen wird die Abkürzung aber auch gerne als „Please don’t rush“ interpretiert, da es die Einheimischen gerne etwas langsamer angehen lassen, getreu dem Motto „Immer... schön... eins... nach... dem... anderen...“.
Dementsprechend relaxed war auch unser erster Stop in Laos, in der ehemaligen Königsstadt Luang Prabang. Sehr positiv war dabei vor allem ein engerer und angenehmerer Kontakt mit den Einheimischen, als er (zumindest unserer Erfahrung nach) in Thailand je möglich gewesen wäre. Allein schon der tägliche Nachtmarkt, ruhig, klein, gemütlich, mit wirklich schönen Sachen, war eine wahre Wohltat verglichen mit dem Shoppingwahnsinn in Thailand, vor allem Bangkok, mit tausenden gefälschten Markenartikeln und/oder sinnlos-billigem Elektronik- und Folklore-Ramsch („Oh ja, ich hätte bitte gerne einen Holzfrosch, der das Geräusch einer Grille imitiert, wenn man ihm mit einem Holzstock den Rücken runterfährt, unbedingt!“)
Schon am ersten Abend durften wir an einer jährlichen Feier im Nachbarhaus teilnehmen, beim „Chief of the village“, wie uns unser Begleiter von der Jugendherberge erklärte. Ich würde das einmal frei übersetzen mit „Gemeinderat“, vielleicht wars aber einfach auch nur der oberste örtliche Funktionär der laotischen kommunistischen Partei, wer weiß. Egal, wer der Typ eigentlich war, auf jeden Fall gab es (gratis) traditionelles laotisches Essen (Sticky Rice, Fischsuppe, Frühlingsrollen und gepresste Algen mit Sesam), laotischen Whiskey (Weiß Gott woraus gebrannt, aber schlecht war er nicht) und eine inoffizielle Unterrichtsstunde in laotischem Tanz. Umgekehrt haben wir, quasi Vertreter der westlichen Welt, als tänzerisches Symbol der Völkerverständigung der örtlichen Landjugend den Macarena beigebracht. Bzw. haben das die Mädels gemacht, während wir weiter Whiskey verkostet haben. Als Höhepunkt des Abends wurden wir noch von der Oma das Hauses hochzeremoniell mit bunten Armbändchen gesegnet, die nach laotischem Glauben die verschiedenen Seelen, die in unserem Körper wohnen, zusammen halten sollen (ah, daher immer die verschiedenen Stimmen in meinem Kopf...) und so Gesundheit und Wohlstand garantiert.
Ein weiteres Highlight war schon am nächsten Tag eine Lagune von unglaublicher Türkis- und Blauheit in der Nähe von Laung Prabang, wieder mal ein Fall von „Ich dachte, sowas Schönes gibt’s nur als Attrappe in Disneyland“ (siehe Bilder), genauso wie der Sonnenuntergang in einem kleinen Fischerdorf am Mekong, wo sich die einheimischen Kids köstlich amüsierten über unsere konstant scheiternden Kommunikationsversuche (oder vielleicht haben sie auch einfach nur unsere Kleidung ausgelacht). Und was wäre ein Nachmittag am Mekong ohne eine ordentliche Schlammschlacht (wörtlich, nicht metaphorisch)?
Gewissermaßen eine touristische Schlammschlacht, aber trotzdem ein bewegendes Erlebnis war der tägliche Gang der Mönche durch Luang Prabang im Morgengrauen, auf dem sie von den Einheimischen Essen und Almosen empfangen. Für die Mönche ist dies die einzige „Einnahmequelle“, für die Einheimischen eine wichtige Tradition für den Eintritt in eine bessere Welt, für viele Touristen ist es die Hauptattraktion der Stadt und mehr ein „Mönche-Füttern“ als eine ernstgemeinte Gabe. Leider säumen mittlerweile mehr Touristen als Einheimische den Weg der allmorgentlichen Prozession und viele missachten dabei so ziemlich jede Regel, die es zu beachten gäbe. Dass um 6 Uhr morgens niemand gern einen Fotoapperat mit Blitz ins Gesicht gehalten bekommt, sollte logisch sein, und auch die lokalen Benimmregeln sind nicht so schwer einzuhalten, zum Beispiel dass die Füße (als schmutzigster Körperteil in der hiesigen Kultur) nicht in Richtung der Möche zeigen sollten oder dass niemand über den Mönchen stehen darf. Leider ist hier aber ein gutes Foto vielen Menschen mehr wert als die Distanz, die sie als Touristen mit etwas Respekt eigentlich wahren sollten. Wir sind keine Buddisten, wir sind kein Teil der hiesigen Kultur, wir sind Beobachter von Außen und manchmal einfach nur störende Subjekte. Mit ein bisschen Feingefühl und Hausverstand sollte das jedem Reisenden klar sein und er sich dementsprechend verhalten. Anscheinds sind dies jedoch Eigenschaften, die viele im Zuge der Einreise beim Zoll in Bangkok abgeben.
Als großer „Abschlussevent“ unseres Aufenthaltes in Luang Prabang war schließlich mit den anderen Gästen unserer Jugendherberge eine große Feier geplant, um deren neunmonatiges Bestandsjubiläum sowie die Auszeichnung als bestes Hostel in Laos gebührend zu feiern. Startschuss war ein gemeinsames Abendessen im Lao Lao Garden, der vor allem durch eine interessante Speisekarte bestach: Neben Speisen und Getränken enthielt sie zwei Seiten Fragen und Antworten für Touristen zu Laos und was man hier kann/darf/soll und vor allem, was man nicht kann/darf/soll: Darunter Vieles aus der Kategorie „Gut zu wissen“, wie „Sag Nein zu Drogen, weil entweder die schlechten Drogen bringen dich um oder die Todesstrafe tut es“, „Das hier ist nicht Thailand, es gibt keine Sexindustrie, Bettspiele mit den Einheimischen gibts erst nach der Hochzeit“ oder unser absoluter Favourite: „In laotischen Gefängnissen wird kein Essen gestellt, wenn du verknackt wirst, müssen dir Verwandte oder Freunde das Essen bringen!“ (Kein Scherz, stand da wirklich!)
Ein wichtiger Punkt natürlich auch die Ausganssperre ab Mitternacht, aufgrund derer Bars und Restaurants um spätestens halb 12 zusperren müssen, um allen noch die Gelegenheit zu geben, rechtzeitig daheim zu sein. Dies galt einigermaßen auch für die Disco, in die unsere Feier dann weiterzog: Um 11 kamen wir dort an, um kurz nach halb 1 war auch schon wieder Zapfenstreich. Schade eigentlich, abtanzen mit den einheimischen Kiddies zu Disco- und Hiphop-Hits von vorvorgestern und lokalen Thai- und Lao-Songs und das in Flip-Flops und einem Bon-Jovi-T-Shirt, das hatte schon fast wieder was Surreales ;-) Das alles unter den wachsamen Augen vier grimmig dreinschauender Security-Typen, die etwas erhöht positioniert waren und dementsprechend sofort zur Stelle, wenn sich jemand mit einem Getränk und/oder einer Zigarette auf die Tanzfläche wagte. Jaja, Keep on Rocking in a free world, nicht wahr, Jungs?!
Aber um halb 1 kann man natürlich keine anständige Feier ausklingen lassen, nicht einmal in einer verschlafenen Kleinstadt in einem südoastasiatischen Kommunistenstaat. Und so gibt es auch in Luang Prabang einen Platz für Nachtschwärmer, der bis 3 Uhr morgens offen hat. Blitzumfrage: Ist es a) eine weitere Disco mit besseren Connections zum Politbüro, b) eine versteckte Partyhütte im Dschungel außerhalb des Einflusses des Politbüros, c) ein Partykeller im örtlichen kommunistischen Politbüro selbst oder d) keine dieser Möglichkeiten. Richtige Antwort: d), es ist nämlich die örtliche Bowlingbahn. Ja, ganz recht, wenn man sich in Luang Prabang auch nach der Sperrstunde amüsieren will, geht man – bowlen. Warum dem so ist, das weiß Gott – oder Karl Marx, wir wissen’s leider nicht. Geheimnis den Obrigkeiten gegenüber ist es auf jeden Fall keines, dagegen spricht schon der nette uniformierte Herr mit der AK-47 in der Hand, der vor der Bowlingbahn die Stellung hält, als wäre es die amerikanische Botschaft.
Summa summarum also ein sehr schöner, relaxter Start in unseren Aufenthalt in Laos, dem nichtgeplanten Land, das dann doch am Weg lag ;-)

Dienstag, 10. März 2009

Die Reise geht den Bach runter ;)

Zur Abwechslung mal wieder eine kleine Reise-Episode, damit ihr nicht glaubt, wir jetsetten hier immer nur gemütlich in VIP-Bussen und klimatisierten Luxus-Nachtzügen durch die Gegend.
In Chiang Mai haben wir beschlossen, dem Rat vieler unserer Reisebekanntschaften zu folgen und uns auch mal Laos anzuschaun, das zuhause noch überhaupt nicht auf unserer Liste stand. Außerdem gab es in unserem Hostel in Chiang Mai ein verlockendes (sprich: billiges) Angebot, die Grenze zu überqueren und für zwei Tage mit einem „Slow Boat“ den Mekong runterzufahren nach Luang Prabang in Laos. Und außerdem lags quasi am Weg ;-)
Erste Station: Sechs Stunden im Minibus nach Chiang Kong an die thailändisch-laotische Grenze. Wiedermal ein glänzendes Beispiel, wie es die Thais schaffen, 14 Reisende (plus einen Fahrer) und deren Gepäck in ein Fahrzeug zu quetschen, das, hm, sagen wir mal, mit weniger Beladung um einiges glücklicher wäre. Das Fahrzeug und die Ladung. Aber letzten Endes war die Fahrt ok, auch wenn die Klimaanlage eigentlich nur den Fahrer und die
Person am Beifahrersitz klimatisiert hat und auch wenn die Straßenbeschaffenheit, gepaart mit dem rasanten Stil unseres Fahrers und den eher weich eingestellten Stoßdämpfern, für zahlreiche Hopser vor allem hinten im Bus gesorgt haben. Aber eigentlich ein guter Deal, Bustransfer mit Achterbahn-Atmosphäre, wer will sich da beschweren?
Nach einer sehr komfortablen Nacht in Chiang Kong (Warmwasser UND Fernseher im Zimmer, bis dato ungekannter Luxus!) auf zum Erlebnis Grenzübergang: Nachdem wir unsere Coupons für das Dinner am Vorabend, für das Frühstück, für eine (relativ ekelhafte) Lunchbox und für die Boottickets (Austausch Coupons gegen Anstecker, dazu später mehr) eingelöst haben, geht’s los im Taxi zur Grenze (die wir, inklusive Wartezeit aufs Taxi, zu Fuß wahrscheinlich schneller erreicht hätten). Auf thailändischer Seite alles easy-cheesy, logisch: Raus lassen sie dich immer einfacher als rein. Danach zweiminütige Tuckerfahrt über den Grenzfluß, wo schon Horden von schwer berucksackten Westlern um ihr Visum rittern. Erste Station: Visa-Office: Visa-Antrag ausfüllen, Immigration Card ausfüllen, Departure Card ausfüllen, ein Passfoto dazu, Reisepass abgeben, passt. Ein Fenster weiter gibt’s es den Pass dann zurück, um acht Stempel schwerer, die Geldtasche dagegen um eine „Visa Fee“ von 30 US-$ (Österreicher 35 US-$, hahaha!) leichter. Danach beginnt der lustige Teil: Ein relativ seriös aussehender Typ spricht unsere Gruppe in relativ gutem Englisch an, wir sollen ihm doch bitte folgen, er sei von der Slow Boat-Company und möchte die Reisenden über einige Basics informieren, über das Slow Boat, den Zwischenstopp in Pak Beng, Reisen in Laos überhaupt, usw. Und dann geht’s los: Das Slow Boat ist so unbequem, ihr fahrt heute acht Stunden, morgen zehn Stunden, meistens ist es überbucht und ein zweites Boot gibt’s nur im absoluten Notfall, der Zwischenstopp in Pak Beng ist furchtbar, weil Leute unfreundlich, Unterkunft teuer, zuviele Touristen, usw. Der langen Rede kurzer Sinn: Nehmt nicht das Slow Boat, fahrt doch lieber mit meinem klimatisierten Bus, dann kommt ihr viel schneller und bequemer an. Und hey, es kostet nur ein bißchen mehr. Da wir allerdings schon über diese Abzocke Bescheid wussten (Vorteil des Reisens in einer großen Gruppe: Mehr Info!), hatten wir den Raum zu diesem Zeitpunkt schon wieder verlassen. Allerdings erst, nachdem wir uns köstlich über die Ausführungen dieses Kerls amüsiert hatten, in vollem Wissen, wo seine Predigt enden würde.
Also weiter über die Grenze, zum Reisebüro, wo wir dann unseren Anstecker für das Boot, den wir erst eine halbe Stunde vorher bekommen hatten, austauschen gegen – einen anderen Anstecker. Danach geht es weiter mit dem Taxi (sprich: einem komplett überfüllten Pick-Up) in die Nähe des Piers, wo wir wieder von einem Typ zusammengefasst werden, der uns dann sagt, ja, hier warten wir auf die nächste Gruppe und dann gehen wir gemeinsam zum Boot, und, ach ja, ich würde dann bitte gerne die Boots-Anstecker und die Pässe einsammeln, die brauchen wir dann für die endgültigen Bootickets. Also, wir rekapitulieren: Wir haben Bootticket-Coupons für die Reise von Chiang Mai nach Chiang Kong, die tauschen wir dann um in Bootticket-Anstecker für den zehnminütigen Akt des Grenze Überschreitens, die tauschen wir dann um gegen andere Bootticket-Anstecker für die zweiminütige Fahrt vom Reisebüro zum Pier, die dann wiederum umgetauscht werden in die endgültigen Boottickets... na ja, muss ja alles seine Ordnung haben, nicht wahr... Und wir rekapitulieren weiterhin: Dieser Kerl will also jetzt die beiden Dokumente einsammeln, die a) bestätigen, dass wir tatsächlich für das Boot bezahlt haben und b) dass wir tatsächlich sind wer wir sind. Schatzi, I don’t think so. Also ist die ganze Gruppe selbstständig weitergezogen, hat sich ihre Anstecker selbst umgetauscht, hat den Hafenpolizisten, dens eh nicht interessiert hat, einen Blick in den Pass werfen lassen, und war dadurch letztlich sogar schneller an Bord und hat bessere Plätze bekommen.
Nach diesem Grenz-Tohuwabohu stellte sich die Bootsfahrt aber als die wohl beste Entscheidung unserer Reise bisher heraus: Zwei Tage gemütlich den Mekong runter, mal ein bißchen Karten spielen, mal ein bißchen lesen, mit guter Musik im Ohr und einem BeerLaos in der Hand auf der Reling sitzen und die Landschaft vorbeiziehen lassen, alles sehr relaxed und easy. Mit etwas Gras und freier Liebe hätte man es für eine schwimmende Hippie-Kommune halten können.
Um Mißverständnissen vorzubeugen: Relaxed und easy heißt nicht komfortabel und luxoriös. Der einzige Komfort des gut 60m lange Holzkahns waren zwei Toiletten, im Heck ein Standl mit Bier und Chips zum Kaufen und ein Dach. Die Rucksächke lagen alle gesammelt am Heck im Laderaum, gleich neben dem lautstark rumorenden Motor. Zum Sitzen gabs Holzbänke, Marke „Kirchenbank anno 1838“, bzw. den blanken Boden und die Außenwand als Lehne. Und plötzlich waren die 1€-Sitzkissen, die wir uns kurz vorher noch gekauft hatten, Gold, ja Platin, wert. Aber was will man schon mehr, um die Stimmung ging’s und die war prächtig. Und schließlich waren wir doch auch froh, nach zwei Tagen Luang Prabang erreicht zu haben, verschwitzt, müde, mit schmerzendem Steißbein und kaum noch Sitzfleisch am Gesäß, aber frohen Mutes und gespannt auf weitere solcher positiven Eindrücke aus Laos.

Sonntag, 8. März 2009

Go Thai - go Chiang Mai

Der Spitzname „Rose des Nordens“ verspricht dem Besucher von Chiang Mai im Norden Thailands schon einmal sehr viel. Sehr viel, das die Stadt in unserem Fall auf jeden Fall gehalten hat.
Nach den unterhaltsamen und sehr lehrreichen, aber dementsprechend anstrengenden Tagen in Bangkok war etwas Relaxen in der Provinz überfällig: Ein bißchen Wandern, vielleicht eine massaaaaaaage, mal schaun, was der Nachtmarkt so hergibt, neue Leute kennenlernen usw.
Letzteres war schon einmal sehr einfach, dank eines fantastischen Hostels, in dem der Betreiber gleich am ersten Abend unseres Aufenthalts jeden, der Lust und Hunger hatte, zu sich nach Hause einlud zu einem traditionellen thailändischen Essen und vorher noch einem kurzen Stop am Weg zum Verkosten von Reiswhiskey und einer kleinen Vorspeise am Spieß, die sich später als Schweine-Innereien herausstellt. Zu diesem kleinen Appetizer der andere Art gesellte sich, nach einer „gewöhnlichen“, wenn auch sehr scharfen, Hauptspeise, eine Nachspeise aus allem, was so kreucht und fleucht, darunter Grillen, Käfer und Bambuswürmer. Klingt eckelhaft, war aber relativ schmackhaft zubereitet, sodass es letztlich wie Chips schmeckte. Nur die Schweine-Innereien am Spieß, die waren wirklich so ecklig wie sie klingen. Aber na ja, muss man alles mal probiert haben. Außerdem schweist es die Gruppe irgenwie zusammen, diese Art von Essen überlebt zu haben. Die Vorspeise und überhaupt die ganze Fahrt, bei der mal wieder 25 Leute in einem Vehikel für maximal 15 Platz fanden. Scherz am Rande: Wieviele Leute passen in ein thailändisches Taxi? Einer noch, nur noch einer mehr ;-) Als gelungenen Abschluss unseres ersten Abends in Chiang Mai konnten wir uns endlich einmal die so genannten Beer-Towers zu Gemüte und zur Leber führen, die „Tower of Power“, diese wunderschönen, einen halben Meter hohen, drei Liter Bier fassenden Amphoren der Neuzeit, die wir in Thailand und Malaysia schon so oft an Nachbartischen bewundert hatten. Gehören dringend auch in Österreich eingeführt.
Nächstes Highlight: Eine zweitägige Wanderung durch die Wälder rund um Chiang Mai.
Den ersten Tag kann man durchaus als eine glatte 11 auf der zehnstufigen Skala zwischen misslungen und furchtbar bezeichnen: Startschuss in der größten Mittagshitze, ein endloser Hatscher durch den Dschungel ohne zumindest einmal einen schönen Ausblick oder so. Einfach nur hatsch, hatsch, hatsch, konstant begleitet von kleinen Buschfeuern, die zwar nicht gefährlich waren und anscheinds in dieser Gegend am Ende der Trockenzeit an der Tagesordnung, aber summa summarum auf einer Das-würde-ich-beim-Wandern-gerne-sehen-Prioritätenliste doch eher weit unten stehen. Und als Highlight wollte unser Führer uns auch noch durch eines hindurchmaschieren lassen, mit der simplen Anweisung „Just run through, flames not high, not hurt you.“ Durch die geballte Kraft europäischer Vernunft und Logik in der Gruppe (gepaart mit der Panik einer Österreicherin, die schon beim Anblick des Feuers ihren sofortigen Wiederabstieg angekündigt hatte) liess er sich aber doch überzeugen, dass es wohl intelligenter sei, das Feuer am Pfad aus dem Weg zu schaffen bzw. zu löschen als einfach hindurchzurennen.
Zumindest der zweite Tag gestaltete sich aber etwas erfolg- und abwechslungsreicher, mit Elefantenreiten, Baden in einem Wasserfall im Dschungel sowie Rafting und Rafting mit dem Bambus-Flos. Das Elefantenreiten hatte zwar einen etwas faulen Beigeschmack, da ich nicht die Hand dafür ins Feuer legen würde, wie gut es den Tiere dort wirklich geht. Das Baden hingegen war bei der ärgsten Mittagshitze eine Wohltat epischer Ausmaße und die beiden Rafts kann man auch mehr oder weniger als Erfolg bezeichnen: Mein bisheriges Konzept vom Raften war zwar, dass man den Felsen im Fluß aus dem Weg geht und nicht jeden einzelnen davon nach der Reihe anbumst, und mit dem Bambus-Floss haben wir öfter den Grund des seichten Flußes berührt als die Wasseroberfläche, aber gut, Spaß hat es zumindest gemacht.
Nach diesen anstrengenden beiden Tagen hatten wir uns wohl verdient, was uns schon so langen angepriesen worden war: Massaaaaaaaaaaage. Aber nicht so eine Schwachmatiker-Relax- oder Heilpflanzenöl-Massage oder so, wenn schon, dann eine richige Thai-Massage. Für alle, die das Vergnügen noch nicht hatten, könnte man es wohl als eine eineinhalbstündige Dehnübung zusammenfassen: Du wirst gedreht und gewendet, geknetet und gebogen, gedehnt und gezogen, in Stellungen und Winkel, die du anatomisch für unmöglich gehalten hast, von der Ferse bis zur Wirbelsäule, von Unterschenkel bis zum Gesäßmuskel. Wenn du schaust, wie es den anderen geht, siehst du deine Nachbarin zur Linken sich in einem Ringkampf auf Leben und Tod mit ihrer Masseuse winden, während die Masseuse deiner Nachbarin zur Rechten grade versucht, dieser den Kopf abzuschrauben. In weiterer Folge kriegst du dann Daumen und Ellenbogen deiner Masseuse so tief in den Rücken gedrückt, dass du sie fragen möchtest, ob sie dich damit nicht mal kurz am inneren Brustkorb kratzen möchte. Dann wiederum wippt sie auf dir, mal stärker auf deinen Oberschenkeln kniend, mal stärker mit den Ellenbogen in den Rücken drückend, sie biegt dir die Rückenwirbel grade und dann wieder in die Ausgangsbiegung zurück. Später bekommst du den Bauch derart massiert, als ob du den Hochzeitsring der Masseuse verschluckt hättest und sie nun versuchen würde, ihn durch die Bauchdecke wieder rauszuholen.
Aber letztlich, nachdem die letzte Sehne gedehnt ist und das letzte Gelenk gekracht hat, stellst du überrascht fest: Du lebst noch, du bist nicht im Himmel, alle Extremitäten sind noch da, wo sie sein sollen, alle Gelenke funktionieren, die Sehen halten nach wie vor, es ist noch alles dran, und es fühlt sich besser an als vorher.
Der (für unseren Chiang Mai-Besuch) abschließende Nachtmarkt hielt schließlich noch die krönende Überraschung bereit: Beim Rundgang über den Markt kristallisieren sich auf einmal aus der Menge zwei vertraut aussehende Gestalten heraus, so ähnlich, als ob man zuhause gute alte Freunde auf der Straße wieder trifft, zu denen man leider den Kontakt verloren hat. Es sind Nina und Anthony, das englische Pärchen, das gewissermaßen die personelle Konstante unserer Asienreise darstellt: Kennengelernt in Melaka in Malaysia, dann einige Tage später zufällig wiedergetroffen mitten in der Millionenmetropole Kuala Lumpur, wiederum einige Tage später im gleichen Hostel in den Cameron Highlands eingecheckt. , wo wir uns dann zum ersten Mal dann „richtig“ verabschiedet haben, weil unsere Reiserouten auseinandergingen. Gute zehn Tage später gehen wir auf Langkawi morgens aus dem Hostel, als uns auf der Straße eine Joggerin entgegenkommt: Nina, die mit Anthony mal wieder im gleichen Hostel wie wir eingecheckt hatte. Wieder verabschieden wir uns, wieder war es nicht das letzte Treffen: Chiang Mai, Sunday Walking Market, Tausende von Einheimischen und Touristen, ein mal an einem Stand mehr oder weniger stehen bleiben, einmal links statt rechts abbiegen und wir hätten uns nie getroffen, und doch stehen sie plötzlich wieder vor uns. Leider wird es das jetzt zwar gewesen sein mit den zufälligen Treffen, denn sie fliegen in einigen Tagen nach Hongkong weiter, wir dagegen machen uns mit neuen Freunden auf den Weg nach Laos. Trotzdem war doch immer wieder schön, völlig aus dem Nichts vertraute Gesichter zu sehen, sozusagen etwas Bekanntes, Freundliches zum Anhalten in der exotischen Fremde.

Freitag, 6. März 2009

"Wanna massaaaaaaaaaaaaage?"

„I don’t want a fucking suit, massage or tuk-tuk, thank you very much!” In Kho Phi Phi hatten wir über T-Shirts mit diesem Aufdruck noch gelacht, in Bangkok dagegen machten sie plötzlich erschreckend viel Sinn und hätten uns wohlerzogenen europäischen Mustersöhnchen viele No-thank-yous erspart: An jeder Straßenecke wartete ein Massage-Salon, aus dem eine Horde Thai-Masseusen unisono „Wanna massaaaaaaaaggee?!“ entgegengackerten, alle zwei Meter pries ein tapferes Schneiderlein seine Dienste an („Hello my friend, you need suit, beautiful suit? Make you good price!“) und den Meter dazwischen hupte ein Exemplar aus der scheinbar unendlichen Masse der Tuk-Tuks und (rosa!!!) Taxis, um auf sich und sein Gefährt aufmerksam zu machen.
Insgesamt war Bangkok eine Lehre, eine Touristenhochschule in Form asiatischen Großstadtchaos’. Die Moral, frei nach dem „Akte X“-Motto: Trust no one. Dem Tuk-Tuk-Fahrer mit dem freundlichen, wenn auch zahnlosen Lachen? Er verkauft dir eine Strecke um 100 thailändische Baht, die du mit dem Bus um sieben fahren kannst. Der gut gekleidete, höfliche Schneider mit dem indischen Akzent? Er vertickt dir entweder maßgeschneidertes Polyester um einen Spottpreis oder anständige Anzüge um fast den gleichen Preis wie in Europa. Dem hupenden Taxifahrer? Würdest du jemandem trauen, der dich aus einem rosa Gefährt anhupt?! Der Kerl an der Rezeption deines Guesthouse? Dem schon gar nicht, weil der hätte dich vor alle dem warnen müssen.
Am allerwenigsten trauen darfst du aber dem freundlichen Mann auf der Straße (gerne auch ein „Student“), der dir in hervorragendem English weiterhilft, wenn du irgendwo im Nirgendwo die Karte nach deinem Standort durchpflügst. Er wird weismachen, heute wäre eine spezieller Feiertag (Buddhist-Day, National Tuk-Tuk-Day, Der Tag des bockigen heiligen Elefanten, etc.), deswegen kannst du um einen lächerlichen Betrag mit dem Tuk-Tuk zu einem Haufen ganz toller Buddha-Tempel fahren, die „nur heute“ aufhaben, auf dem Weg noch ein Reisebüro für weitere „Sightseeing-Tipps“ besuchen und, ach ja, noch einen Schneidershop „besichtigen“. Das alles geht aber nur in den ganz speziellen, offiziellen Tuk-Tuks mit „Government-License“, die, je nach Ansprechpartner, gekennzeichnet sind durch eine gelbe Fahne, ein weißes Nummernschild, einen Auspuff in Herzerlform, einen Fahrer mit langer Nase, etc. Und ja nicht darfst du die nehmen mit weißer Fahne/rotem Nummernschild/dreieckigem Auspuff oder Stupsnasenfahrer, weil das sind die bösen Privaten, die ziehen dich voll über den Tisch. Ah, und schau, da ist ja auch schon eines mit gelber Fahne (weißem Nummernschild/Auspuff in Herzerlform/Fahrer mit langer Nase...), das könnt ihr ja gleich nehmen... Wie gesagt, trust no one.
Abgesehen davon ist Bangkok ein Mischung aus goldenem Tempelwahnsinn, Verkehrschaos und Shoppingrausch, von Ramschmarkt bis High-Class-Einkaufscenter mit Lamborghinis in der Auslage. Und wenn man sich erstmal daran gewöhnt hat, konstant belästigt zu werden, von obengenannten oder den Verkäufergestalten rund um das Touristenviertel Khao San Road, dann hat Bangkok durchaus Charme, wenn auch einen etwas herben.
Von den ca. 300 Tempeln in Bangkok haben wir gefühlte 298 gesehen, Wat Pho, What Arun, Wat Phrae Kaew, Wat Wees Ik, Wat Solls, Wat Auch Immer... ;) Wobei man bei allem Sarkasmus gestehen muss, dass es sich wirklich um beeindruckende Bauwerke handelt, die mit ihren Gold-Buddhas, bunten Kacheln und reichverzierten Wänden im krassen Gegensatz stehen zu den sie umgebenden schäbigen Wohnhäusern.
Interessant auch, dass die Thais vor einigen Jahrhunderten noch in der Lage waren, diese großartigen Tempel zu bauen und es jetzt nicht mal mehr schaffen, ein Guesthouse hochzuziehen, bei dem alle Treppen gleich hoch sind und sämtliche Fenster und Türen der Zimmer sich einwandfrei schließen zu lassen. Dieses exklusive Wissen scheint im Lauf der Jahrhunderte irgendwo verloren gegangen zu sein...

Montag, 2. März 2009

Tausche Rucksack gegen Pressluftflasche

"Du nennst dich einen Reisenden? 70% der Erde sind mit Wasser bedeckt, viel Spass mit den restlichen 30!“ Zwar nur ein Werbespruch einer der unzähligen Tauchschulen auf Koh Phi Phi aber trotzdem, mit diesen 30% geben wir uns natürlich nicht zufrieden. Wir setzen unsere Reise sozusagen unter Wasser fort, im Tauchermekka Koh Tao. Zwar minus 15kg Rucksack, aber dafür mit mindestens ebenso schwerer Taucherausrüstung.

Die bereits im letzten Eintrag beschriebene Fähre von Koh Phangan nach Koh Tao hatte nicht nur (viel zu) viele Touristen geladen, sondern auch ein gutes Dutzend Rekrutierer der diversen Tauchschulen der Insel, die den Ankommenden Tauchkurse und auch gleich eine Unterkunft unterjubeln wollten. Für uns im Endeffekt klasse Deal: Mit unserem Tauchkurs bekamen wir auch gleich noch einen Bungalow in einem Fünf-Stern-Ressort dazu und den Transport zu unserem „Ausbildungscamp“ auf einem der „Truppentransporter“/Taxis, die sie hier überall in Thailand haben, umgebaute Pickups mit bis zu 17 Rucksacktouristen auf der Ladefläche. Unser „Camp“ war das das Coral Grand Dive Ressort, fünf Sternchen, feiner Pool, geräumige Bungalows, weißer Traumstrand, Bar-Meile nur ein paar Minuten entfernt, nicht die schlechteste Bleibe bisher und ein idealer Startpunkt unserer Taucherkarriere.

Unser Kurs brachte uns zwar nicht den gewünschten Anschluss an eine neue Guppe, wie wir sie in Langkawi hatten, dafür den Zugang zu einer viel größeren, weeeesentlich cooleren Gemeinschaft: Den Tauchern. Diese Menschen sind andauernd derartig gut gelaunt, dass man meinen könnte sie haben lachgas statt Luft in ihren Tanks. Aber nach dem ersten Tauchgang wussten auch wir was sie derartig glücklich macht. Es ist erstaunlich, was für eine vielfältige Unterwasserwelt sich schon beim ersten Tauchgang auftat, wie einfach sie zu erreichen war, und wie süchtig sie machen kann. 30 Meter tief unter Wasser, der vierfache Druck lastet auf dem Trommelfell, man braucht viermal mehr Luft als an der Oberfläche und ist völlig abhängig von einem Tank am Rücken und einigen Schläuchen. Mit Lukas’ Kurzatmigkeit und leichter Panik lässt sich das eigentlich gar nicht vereinbaren, trotzdem war grade er derjenige, der sogar noch einen Fortgeschrittenen-Kurs drangehängt hat. Eigentlich aber verständlich: Es macht einfach einen Riesenspaß, schwerelos über ein Riff zu gleiten, überall bunte Fische und Korallen, neben dir schweben die anderen Taucher vorbei. Nach den ersten Taucherfahrungen hat unser Ausflug in diese andere Welt vorerst mal ein Ende gefunden, aber der nächste Tauchgang kommt bestimmt. Wie heißt dieses nette Plätzchen in Australien nochmal, Great Barrier Reef oder so... ;-)

Ge-fähr-liches Reisen in Thailand

An dieser Stelle noch ein paar Sätze, wie wir Koh Phangan und Koh Tao überhaupt erreicht haben, war ja doch ein Stückerl von Koh Phi Phi an die thailändische Westküste weiter zur Ostküste und weiter nach Koh Phangan, summa summarum gute 16 Stunden in einem Rutsch via Fähre, Bus und Nachtfähre.
Besonders letztere war ein denkwürdiges Erlebnis: Abfahrt 23 Uhr – Ankunft 6 Uhr morgens, also gute sieben Stunden für eine Strecke, die die normale Fähre tagsüber laut Lonely-Planet-Bibel in knapp drei Stunden bewältigt. Es stellt sich die Frage: „Werden wir für unser Geld vielleicht selbst rudern müssen? Sooo billig wars eigentlich nicht, aber sieben Stunden, hhmm...“ Am Pier angekommen brummt aber schon der Motor, gelobt sei der Herr, also doch kein nächtlicher Wassersport.
Dafür hält allerdings das Innere der Fähre eine Überraschung bereit. Eigentlich hatten wir mit einer ganz normalen Fähre gerechnet, die eben nachts fährt (fähret? fähriert?)und daher etwas länger braucht, wegen weniger Sicht, Ebbe, Fischernetzen, die nachts ausgeworfen werden, Eisbergen, die in der kühlen Dunkelheit der Nacht auftauchen, wegen weiß-der-Geier-was... Und schlafen würde auf den billigen Plastiksitzen wie üblich nur möglich sein in den unmöglichen Verrenkungen und Körperhaltungen, bei denen bei jedem Chiropraktiker und Physiotherapeuten die Dollarzeichen in den Augen blinken. So zumindest unsere Vorstellung. Aber falsch gedacht. Das Innere der Fähre ist ein einziges großes Matrazenlager: Durch die Mitte führt ein ein Meter breiter Gang, daneben stehen in regelmäßigen Abständen Gerüste mit einem Bett obenauf und Stauraum fürs Gepäck darunter, der restliche Raum zwischen Gang und Außenwand besteht über die gesamte Länge des Raumes (ca. 40m) aus jeweils 50 Matratzen mit durchnummerierten Schlafplätzen. Ein Schlafsaal für insgesamt über 100 Leute aller Hautfarben und Nationalitäten, Schweden schläft neben Australien schläft neben Thailand schläft neben Deutschland schläft neben Kanada. Nur uns hat der Zufall geographisch korrekt neben zwei Schweizerinnen gelegt, mit denen wir dann auch die kommenden Tage auf Koh Phangan verbracht haben.
Insgesamt erinnert das Ganze etwas an Bilder von Atlantikreisenden im beginnenden 20. Jahrhundert (Stichwort Titanic, 3. Klasse, die, die im Film zuerst abgesoffen sind). Aber mit einem oder zwei Einschlafbierli und einem Schlückchen Schlaftrunk aus dem Flachmann war das Schlafen erstaunlich leicht möglich. Die Tatsache, dass noch 100 weitere Leute im Raum schafen, war weniger störend als unsere Gepäcksparanoia („He, der Thai da drüben hat schon wieder so komisch auf deinen Rucksack geschielt....“), die letztlich zu einer entspannten Rückenlage mit Kopf auf dem kleinen Rucksack (der Pass, Geld und Bibel enthält) und Füßen auf dem großen (der unser gesamtes restliches Dasein enthält) führte. Der Chiropraktiker hat schon die Dollars in den Augen...

Auch unsere Ankunft an der nächsten Station Koh Tao ein paar Tage darauf war, hm, sagen wir mal, denkwürdig. Als wir am Pier einlaufen, weist uns im Unterdeck ein Crewmitglied darauf hin, dass wir unbedingt an unserem Platz sitzen bleiben müssen, bis am Oberdeck alle ausgestiegen sind, weil die Fähre überfüllt ist und wir ins Schaukeln geraten, wenn alle gleichzeitig losstürmen. Oder so haben wir das zumindest aus seinem gebrochenem Englisch herausinterpretiert: Mehr gebrochen als Englisch, aber zumindest waren die zentralen Elemente der Ansprache gut verständlich: „... very dangerous... you all can die!“

Beim Ausstieg bietet sich dann eine Szenerie wie bei der Landung amerikanischer Nachschubtruppen im Irak: Hunderte junger Menschen, schwer beladen mit überdimensionalen Rucksäcken, trotten vom Schiff und werden von dunkelhäutigen einheimischen Fahrern in Jeeps und Pickups in ihr Lager verfrachtet. Nur eben in Flip-Flops, Badehosen und Bikinis statt in Springerstiefeln und Kampfanzug, und statt ins U.S. Army Headquarter Bagdad-Süd geht’s ins Coral Grand Dive Ressort, Simple Life Ressort, Seashell 5-Star-Ressort, usw. Beziehungsweise, es war weniger ein Bataillon Marines, das da mit uns von Bord ging, sondern vielmehr die schwedische Elite-Urlaubseinheit „Division Smörebröd“: Wortwörtlich hunderte Ingas und Björns, knallblond, braungebrannt und gut gebaut, schwedische Flip-Flop-Cornettos, soweit das Auge reicht. Speziellen Anlass für die Schwedeninvasion gab es offenbar aber keinen, die einzige annähernd zufriedenstellende Antwort gab’s einige Tage später bei einer Unterhaltung in einer Bar: „We’re from Sweden. It’s dark and cold. Right now, we have two hours of daylight where we live. And the beer is fucking expensive.” OK, fair enough, welcome to Koh Tao…