Donnerstag, 7. Mai 2009

KM 3044 bis 4600 – The Outback: Herr der Fliegen

Der Outback.Unendliche Weiten. U.S.S. Campervan, Sternzeit Null-Vier-Zwo-Null-Null-Neun. Das Raumschiff Campervan und seine drei Insassen sehen sich einer ihrem größten Hindernis gegenüber: Nichts. Jede – Menge – Nichts. Rotes Nichts am Boden und blaues Nichts am Himmel. Und dazwischen: Fliegen. Jede – Menge – fucking – Fliegen. Und nicht „Einmal mit der Hand wedeln und sie sind wieder weg“- Fliegen. Nein, diese hier sind Fliegen der Gattung Australicus Maximus Lästicus, von der Art „IchbineinelästigekleineSchmeißfliege-bbbbzzzzzzzz-Ichfliegeumdichrumundkriecheaufdirrum-bbbbbzzzz-undichkriecheindeineNaseunddeineOhrenundunterdeineBrilleundwennsgehtsogarunterdeineAugenlider-bbbzzzzzz-undduwirstmichnichtwegwedelnoderabschütteln-bbzzzzzz-undwenndumichdocherswischststehenschon300meinerGefährtenbereit-bbbzzzzzzzz“.
Und es sind dann diese Momente, in denen man Geduld eines budhistischen Mönchs entwickelt, wild Arme fuchtelnd und um sich schlagend durchdreht oder schließlich einfach lernt, zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang den Van nur noch in absoluten Notfällen zu verlassen (Wer hätte gedacht, dass man von der Fahrerkabine in den „Wohnbereich“ klettern kann, ohne eine Tür zu öffnen?!).
Von den Fliegen abgesehen, gibt es sonst aber wenig Abwechslungsreiches: Den Gegenverkehr kann man auf Hunderten Kilometer wortwörtlich an einer Hand abzählen, die toten Viecher am Straßenrand ebenso und die Landschaft sieht immer gleich aus, was auch den Straßenverlauf miteinschließt: Immer schön geradeaus, höchstens alle zehn bis zwölf Kilometer gibt es eine 5°-Kurve, auf die man schon zwei Kilometer vorher aufmerksam gemacht wird, um sich physisch und psychisch auch angemessen auf diese Stresssituation vorbereiten zu können („Du musst denken wie die Kurve, die Kurve muss ein Teil von dir werden. Lebe die Kurve, SEI die Kurve!“)
Unterbrochen wird die Eintönigkeit der Straße nur alle paar hundert Kilometer von einer Tankstelle oder manchmal sogar von einer „Stadt“, sprich 321 Einwohner, eine „Historic Site“ (z.B. das Telegraphenamt von 1913) und eine Touristen-Infostelle. Mit Fortdauer der Reise werden diese „Städte“ zwar immer seltener, aber damit auch irgendwie faszinierender: Man fährt durch und kann sich nur noch denken: „Keine Mitmenschen, keine Infrastruktur, keine Jobs, keine Unterhaltung außer Fernsehen und Inzest, 200km zum nächsten Kaff, 500 in die nächste Großstadt und die ist eigentlich auch nur ein Kaff mit mehr Einwohnern und einem McDonalds, also, wer wohnt hier freiwillig?! Hierherziehen tut sowieso niemand, und sollte jemand das Pech haben, hier geboren zu werden, müsste er spätestens im Vorschulalter seine Misere verstanden haben und mit seinem ersten Dreirad oder per Anhalter die Flucht ergreifen.“ Perfektes Beispiel, aber auch gleichzeitig gewissermaßen ruhmreiche Ausnahme ist Coober Pedy, eine 3000-Seelen-Stadt (Ja, hier zählt eine solche Einwohnerzahl als Stadt) und „Opal-Hauptstadt der Welt“, wie sich die Stadt selbst tituliert (nicht zu Unrecht allerdings, ca. 2/3 aller Opale weltweit werden hier geschürft). Perfektes Beispiel, weil es mitten im Nirgendwo liegt, ringsum für hunderte Kilometer nichts als Staub und Opalminen. Ausnahme deswegen, weil es im Gegensatz zu anderen Kaffs doch einige faszinierende Sachen zu bieten hat: Nicht nur kann man alte Opalminen besichtigen (was wirklich interessanter ist als man glauben möchte), noch dazu befindet sich ungefähr die Hälfte der Stadt unter der Erde bzw. im Felsen, Wohnhäuser, Hotels, Bars, Büchereien, sogar Kirchen. Dies dient allerdings nicht nur als Touristenattraktion, sondern schlichtweg als natürliche Klimaanlage: Unterirdisch hat es konstant ca. 25°, egal ob brennend heißer Sommertag oder eiskalte Winternacht.
Die Eintönigkeit links und rechts der Straße überträgt sich alsbald auch auf die Kommunikation im Van: Hat es anfangs noch eine gewisse Faszination, mitten im rot-gesandeten Nirgendwo unterwegs zu sein, wird es mit der Zeit doch recht fad, immer zu wiederholen: “Mei, Wahnsinn, oder, so schön, alles so weit und ... ähm... rot?!“ So trocknen mögliche Wortmeldungen mit Fortdauer der Fahrt schon auf dem Weg zum Mund aus und letztlich hängt jeder nur noch seinen Gedanken nach oder vertieft sich in ein Buch oder seine iPod-Playlists.
Außer der jeweilige Fahrer, der hält sich am Lenkrad fest, schaut der Tankanzeige beim Sinken zu, zählt den Gegenverkehr und wird von Zeit zu Zeit zur Kurve...

1 Kommentar:

  1. Karin Eisl :-)7. Mai 2009 um 21:02

    Hey ihr 2 "Lord of the Flies"! :-D (ist echt zum Schreien mit euch....!!!)

    Wahnsinn, von Zeit zu Zeit schau ich mir eure Bilder an und erblasse vor Neid - inzwischen wirds ja Gott sei Dank auch in Österreich langsam sommerlich warm 8-) So seh ich mich nicht ganz so leid, wenn ich von euren Abenteuern lese (verkühlt und mitten im Alltag wohl gemerkt)...
    Das Lesen ist wirklich äußerst amüsant :-D Da merkt man wieder, dass mans mit den "Profis", den "Sprachartisten" zu tun hat ;-) hehe
    Na, dann wünsch ich euch noch viel Spaß eisntweilen, passts auf euch auf!

    Ganz liebe Grüße aus dem kleinen Salzburg :-)
    Karin (Eisl, nicht Hermann *gg*)

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