Dienstag, 21. Juli 2009

Fidji: Viti Levu/Paradise Harbour: "It's Saturday, they know Papa's coming..."

Wer will schon mit Dephinen schwimmen, wenn er mit Haien tauchen kann? Getreu diesem Motto hatten Lukas und ich einen speziellen Tauchausflug auf Fidji geplant, bei dem man zahlreiche Exemplare verschiedenster Haiarten zu sehen bekommt. Was anderswo auf Glück und Zufall beruht, basiert bei diesem Tauchangebot auf einem ganz einfachen Grund: Hier werden sie gefüttert. Da Lukas aber letztlich doch das entspannte Strandleben vorzug und die Zeit dann zu knapp wurde, blieb es nach unserem improvisierten Abschied an mir, mich diesem Nervenkitzel zu unterziehen. Ein harter Job, aber irgendwer muss ihn ja schließlich machen... ;-)
Auf dem Boot Richtung Tauchgang poppt einem dann wieder die Frage in den Kopf: Warum eigentlich?! Wo sind die Tage hin, als noch ein Fussball oder eine Kiste Bier zur Unterhaltung genügte? Woher kommt auf einmal das Bedürfnis, aus völlig funktionsfähigen Flugzeugen zu springen oder mit Haien tauchen zu gehen? Woher es auch kam, jetzt gibt es kein Umdrehen mehr: "Hello, my name is Papa, I''ll be your captain for today and I'll also do some of the sharkfeeding later on. Today is saturday, so they'll be already waiting. They know Papa is coming...", sagt der Captain, als er sich und die Crew vorstellt. Oh, Danke Chef, jetzt fühlen wir uns alle besser. Das geht Hand in Hand mit den Geschichten einiger Leute aus dem Hotel, die einen Tag zuvor Haitauchen waren und erzählt hatten, beim zweiten Tauchgang hätten die Haie bereits in wenigen Metern Tiefe gewartet. Oh happy day, das kann ja was werden.
Diesen Umständen entsprechend heißt es beim Briefing vor dem Tauchgang dann auch nicht einfach nur "Hier ist diese Strömung, da gibt's ein geiles Riff, los geht's, viel Spaß!". Nein, es gibt äußerst genaue Anweisungen, das Ganze ist ein streng durchorganisierter Ritt. In Kurzfassung: Runter auf 30 Meter Tiefe, dort gibt es eine Korallenmauer, hinter der gekniet wird, dann erste Fütterung, nach einer Viertelstunde rauf bis auf ca. 10 Meter, nächste Fütterung, diesmal noch näher an den Viechern dran, und dann wieder zurück, vorzugsweise in einem Stück mit allen Gliedmaßen unbeschadet.
Mit einem mulmigen Gefühl und Horrorvorstellungen von wartenden Weißen Haien geht die Gruppe dann ins Wasser, aber entgegen den Prophezeiungen wartet kein hungriges Hairudel gleich unter der Wasseroberfläche. Allerdings, irgendwer scheint doch zu wissen, dass wir kommen, denn kaum sind alle untergetaucht, schwirren schon unzählige Fischschwärme um uns herum. Und siehe da, einige Meter weiter unten, kaum mehr als ein Schatten, sieht man auch schon die eine oder andere charismatische Haifischflosse lautlos vorbeischweben.
Nachdem dann alle zehn Taucher hinter der Mauer Platz genommen haben, ständig "bewacht" von vier Divemastern mit Eisenstäben, beginnt die Show: Vom Boot wird eine grüne Bio-Mülltonne voll mit totem Fisch zum "Fütterer" heruntergelassen und noch bevor er die versiegelte Tonne überhaupt öffnen kann, steckt er inmitten eines Wirbelsturms aus Fischen aller Farben, Formen und Größen, die alle ein Stückchen vom Kuchen abhaben wollen. Black Tip und White Tip Reef Sharks, Grey Reef Sharks, Lemon Sharks, Nurse Sharks und auch Bull Sharks (bitte fragt mich nicht, wie die alle auf deutsch heißen, Leo und Wikipedia wussten es auch nicht...) sind in der Menge zu finden. Vor allem auf letztere gilt es aufzupassen bei gut 2,5 Meter Länge und über hundert Kilo Gewicht. Alles in Allem ein faszinierender Anblick, und man fragt sich, warum die Leute anderswo auf ihre Tauchgänge nur die bloße Hoffnung auf Haie und andere große Fische mitnehmen statt einfach etwas Futter ;-)
Zum zweiten Fütterungsstop kommen zwar nur noch die kleinere Fische und Haie, aber die bloße Nähe macht es noch viel unheimlicher. Auch wenn die Exemplare der kleineren Haigattungen kaum einen Meter groß sind, sie sind immer noch eindeutig als Hai erkennbar. Wenn sie nur wenige Zentimeter entfernt vorbeischwimmen oder einige Sekunden direkt auf dich zu, dann, wie man immer so schön sagt, spielt Größe plötzlich wirklich keine Rolle mehr.
Das Briefing für den zweiten Tauchgang fällt noch etwas gruseliger aus als beim ersten Mal, denn nach den Erklärungen zum Ablauf (Runter auf 15 Meter, hinter der Korallenmauer hinlegen und LIEGEN BLEIBEN!!, bis der Chef das Signal zum Aufbruch gibt) besteht "Papa" darauf, uns noch einige Hinweise zu geben für den unwahrscheinlichen Fall, dass "Doris" oder "Scarface" auftauchen: vier bzw. fünfeinhalb Meter große Damen der Gattung Tigerhai, die im Schnitt einmal pro Monat in der Gegend aufkreuzen. Eine Mischung aus Angst, Faszination und morbider Hoffnung erfüllt die Gruppe (oder zumindest mich), als er erzählt, dass sie die gut einen Kubikmeter große Metallbox mit dem Futter drin am Boden festschrauben mussten, weil "die Damen" sie mehrmals als Ganzes mit dem Maul abgerissen hatten. Oder dass wir die ganze Zeit auf jeden Fall liegen bleiben sollen, weil sie bei ihren Runden um den Fütterer mit ihren riesigen Schwanzflossen durchaus auch einmal über uns hinwegstreifen könnten, und sollten sie dabei jemandes Kopf erwischen, wäre dieses Zusammentreffen für den Taucher doch eher ein Erlebnis der unguten Art.
Der ultimative Nervenkitzel eines Tigerhai-Besuchs bleibt uns letzten Endes erspart, leider oder Gott sei Dank, wer weiß. Aber auch die zehn bis fünfzehn Bullenhaie, die sich durchfüttern lassen, geben einen mehr als ausreichend imposanten Anblick ab: Wie ein Torero den Stier führt der Fütterer den jeweiligen Hai eng an sich vorbei, und nur wenige Sekundenbruchteile, nachdem seine Hand das Futter, meist faustgroße Fischstückchen, losgelassen hat, mampft auch schon ein gewaltiges Haimaul darauf herum. Dabei befinden sich wieder unsere Bodyguards mit den Eisenstangen rund um uns herum und auch hinter dem Fütterer, um ihm den Rücken frei zu halten und jedem Hai einen Nasenstüber zu verpassen, der aus der Reihe tanzt. Als zusätzlichen Schutz trägt der Fütterer eine Art Kettenhemd unter dem Tauchanzug, das über seinen Oberkörper und den rechten Arm, also die Fütterungshand, reicht. Ich wage einmal zu behaupten, wenn es hart auf hart kommt, Haifischzahn auf Metall, dann schützt das Hemd ihn genau so gut wie ein Semmerl den Leberkäs, aber gut, es schaut cool aus und hilft der Psyche, das is ja schon mal was. So zieht er dann seine Haifisch-Torero-Nummer ab beziehungsweise taucht einmal ein paar Meter noch oben, lässt das Futter fallen und die Haie darum "jagen".
Zu guter Letzt muss ich allerdings etwas die Luft aus meinem Heldentum rauslassen: So abenteuerlich, spannend und unterhaltsam der ganze Trip angepriesen wurde und letztlich auch war, so professionell wurde er auch konzipiert und durchgeführt. Jegliches Gefühl von Unsicherheit oder Gefahr war so weit weg, dass mir ehrlich gesagt während des zweiten Tauchganges meine vor Kälte bibbernden Zähne und Glieder mehr Kopfzerbrechen bereiteten als die Anwesenheit und Nähe zahlreicher Bullenhaie, einer Haigattung, die neben dem Tiger- und dem Weißen Hai für die meisten Angriffe auf Menschen verantwortlich gemacht wird.

P.S.: Mangels einer guten Unterwasserkamera kann ich leider nur diese dürftigen Überwasser-Fotos anbieten. Meine Bitte an meine mit Unterwasserkameras ausgerüsteten Taucherkollegen, mir nach dem Tauchgang einige ihrer Fotos zu schicken, haben sie bisher leider ignoriert. Wer einige Unterwasseraufnahmen vergangener Tauchgänge sehen möchte bzw. gern mehr Infos zu dieser Gaudi hätte, der findet beides hier: www.fiji-sharks.com.

1 Kommentar:

  1. und ich war nicht dabei ;( Nach diesem Bericht bereue ich das wirklich!!!!

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