Sonntag, 5. Juli 2009

Vom Regen in die Traufe

Nach fast zwei Wochen Inselhopping neigte sich meine Zeit auf Fidji leider dem Ende zu, und wie im letzten Eintrag schon erwähnt, gab es zwischen Matthias und mir nur einen superkurzen Abschied, als er die Yasawa-Fähre in einem Zubringerboot verlies, während ich von meinem letzten Ressort in einem anderen Zubringer zur Fähre kam. Die dunklen Wolken am Himmel waren schon ein erster Indikator, dass da eine Wahnsinns-Bootsfahrt irgendwo zwischen "spannend" und "Himmelfahrtskommando" auf mich zu kam.
Sobald sich die Fähre weg von den zubringerbooten und raus aus den geschützten Buchten gewagt hatte, zeigte der Pazifik sein wahres Gesicht: Vier bis fünf Meter hohe Wellen ließen die Fähre - einen immerhin gut 45 Meter langen Katamaran - dermaßen springen, dass die ersten schon gleich einmal zu den weißen Papiertüten am Sitz vor ihnen greifen mussten, während die übliche Gruppe besoffener Engländer johlte und kreischte wie in einer Achterbahn. Spätestens nach den ersten zwei Stunden der Fahrt führte der weitere Weg aber weg von den Inseln durch das offene Meer und damit war endgültig Schluß mit lustig: Während die Wellen immer höher stiegen, wurden die Passagiere immer stiller. Als sich dann auch noch ein Rettungsboot löste und inmitten der rauhen See von der Crew wieder festgezurrt werden musste, wich auch in den Gesichtern der ganz Hartgesottenen der spaßige Achterbahn-Ausdruck Blicken voller Angst und Schrecken. Noch dazu war das Boot spürbar undicht, es tropfte von der Decke, und auch durch die nicht verschließbaren Außentüren spritzte bei jeder größeren (sprich: bei jeder) Welle das Wasser in die Kabine.
In der Nähe der kleinen Koralleninsel Beachcomber erlaubte uns die See eine kurze Verschnaufpause. So dachte ich jedenfalls, bis das Boot plötzlich mit einem dumpfen Scharren zum Stillstand kam. In der Kabine völlige Stille bei Passagieren und Crew, draußen das Dröhnen der Motoren und das Knarzen des Schiffsrumpfes: In der Dunkelheit hat der Kapitän das Schiff auf ein Riff gesetzt und kriegt es jetzt nicht mehr frei. Zu diesem Zeitpunkt war es 19 Uhr 30, wir waren noch eine halbe Stunde vom Zielhafen entfernt (bei gutem Wetter!), und um 22 Uhr sollte ich eigentlich im Flieger Richtung LA sitzen.
21 Uhr: Nach gefühlten drei Tagen trifft endlich eine Ersatzfähre ein, um die Passagiere an Land zu bringen. 21 Uhr 40: Wir erreichen endlich den sicheren Hafen, dickes Lob an den anderen Kapitän. Kurz vor 22 Uhr: Wir erfahren, dass die gesamte Boeing 747 mit 459 Passagieren auf sechs Leute unserer Fähre wartet. Aber wie lange noch? 22 Uhr 10: Endlich am Flughafen, jetzt aber schnell: Pass? Hier! Ticket? Hier! Visanummer?... Sch...
Zwischenfrage: Warum muss man für die Einreise ins glorreiche "Land of the free" dasselbe Formular zweimal ausfüllen, einmal für den Grenzschutz und einmal für das "Department of Homeland Security"? Noch dazu ein dermaßen sinnloses, mit Fragen wie "Planen sie, mit Drogen zu dealen?" Welche ehrliche Antwort wird hier erwartet: "Ja, ich plane, die fünf Kilo Hasch in meinem Rucksack in Washington zu verticken, vom Erlös kaufe ich mir eine Atombombe, jage damit das Weiße Haus in die Luft und tanze auf den Ruinen Cha-Cha-Cha, was glaubt ihr denn?!"
Aber was solls, schnell noch das dumme Formular ausfüllen (Zumindest bin ich nicht der einzige, der die blöde Nummer verschmissen hat), bevor der Check-In-Schalter schließt, dann weiter im Laufschritt durch die Sicherheitskontrolle, ab zum Gate und mit einem letzten "Bula!" schwer keuchend in den Flieger. Hinter mir schließt sich die Tür und mit einer Stunde Verspätung heben wir schließlich Richtung LA ab.
Witzig, noch bei unserem letzten Flug hatten wir darüber gescherzt, wie cool es nicht wäre, so lange direkt vor dem Gate sitzen zu bleiben, bis man als letzter überfälliger Passagier persönlich aufgerufen wird und dann ganz locker-lässig reinzuspazieren. Nachdem ich das nun gezwungenermaßen erleben durfte, kann ich jetzt sagen: Matthias, probiers nicht aus, es reicht, wenn einer von uns diese Erfahrung machen musste!

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