Mittwoch, 22. April 2009

KM 1170 – The Great Ocean Road: …, denn sie ist es wert.

Die Great Ocean Road entlang zu fahren, ist ähnlich wie das Erlebnis, zum ersten Mal eine Berühmtheit live in Fleisch und Blut vor dir zu sehen, und sei es nur zehn Zentimeter groß auf einer Bühne 500 Meter entfernt: Du kennst die Fernsehwerbungen von BMW, Audi, Peugeot usw., du hast die Verfolgungsjagden in den James Bond-Filmen gesehen. Jetzt bist du selbst James Bond, jetzt bist du selbst der neue BMW Z8, Audi RS4 oder Peugeot 407, und schlängelst dich den Highway runter, mit dem Wind als einzigem Gegenverkehr: rechts unendliche Eukalyptus-Wälder, links das ebenso unendliche Meer mit Felsformationen darin, die aussehen, als hätten die Götter mit der Landschaft von South Australia Boccia gespielt. Und mittendrin balanciert die Great Ocean Road die Klippen entlang, 239 Kilometer südaustralische Küstenstraße zwischen Torquay am östlichen Ende und Warrnambool am westlichen.

OK, natürlich bist du weder James Bond, sondern immer noch nur Luki und Hias, die Supertouristen, noch schlängelst du dich mit einem Z8 den Highway runter, sondern mit einem klapprigen, 440.000 Kilometer alten Toyota Hiace mit holpriger Schaltung und kaputtem Beifahrer-Lautsprecher. Und leider benutzen den Highway nicht nur der Wind und du, sondern auch noch Legionen japanischer Touristen, schwedischer Backpacker und deutscher Pauschaltouristen. Wie bei einer Museumsführung triffst du immer diesselben Gesichter, bei jeder Sehenswürdigkeit, bei jedem „Scenic Lookout“ oder „View Point“ entlang des „Tourist Drive“.
Aber genau das macht die wortwörtliche Sehens-Würdigkeit der Great Ocean Road aus, genauso wie die jeder anderen wirklichen Sehenswürdigkeit: Sie ist es wert, weil in diesem einen Moment gehört sie nur dir, egal, wieviele Leute um dich herumschwirren. Selbst wenn neben dir die Digicams klicken und die Objektive zu Hunderten surren, selbst wenn du weißt, tausende vor dir haben dieses Foto schon gemacht, haben ihren Freund in diese witzige Pose gesetzt, haben diesen „anderen photographischen Zugang, den sonst keiner sieht“ versucht, es ist egal: Du kannst nur dastehen und den Ausblick genießen oder auf eine göttliche Erleuchtung warten, du kannst Fotos machen, du kannst dich fotografieren lassen, du kannst auf die Felsen rausklettern und dort mit ausgestreckten Armen „Ich bin ein goldener Gott“ schreien, mach, was du willst, dieser Moment mit ihr gehört dir. Wenn du zum ersten Mal am Rand des Grand Canyons stehst, musst du erst einmal schlucken; wenn du die Petronas Towers zum ersten Mal siehst, steht dir mal kurz der Mund offen; wenn du zum ersten Mal durch Las Vegas fährst, weißt du nicht mehr, wo links, rechts, oben oder unten ist, du kommst aus dem Schauen nicht mehr raus. Und genauso provoziert auch die Erfahrung„Great Ocean Road“ bei jedem sein eigenes Aha-Erlebnis.
Oder vielmehr eine ganze Reihe von Aha-s, da sich der Ausblick alle paar Kilometer, ja alle paare Kurven ändert und dich wieder von Neuem fesselt: Mal ein Strand mit Surfern in der Brandung, mal ein ein natürlicher Gesteinsbogen oder eine natürliche Brücke, mal die erwähnten „Götter-Boccia“-Felsformationen.
Wie die erwähnten anderen Attraktionen lässt sich auch die Great Ocean Road kaum in Worte oder Fotos fassen, vom höchstpersönlichen Erlebnis ganz zu schweigen. Unsere Fotos und diese paar Zeilen können die Faszination maximal andeuten, erleben muss man sie lebst, live, in Fleisch und Blut, in Teer und Bitumen sozusagen. Sie ist es wert.

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