Montag, 10. August 2009

Las Vegas: Wie ein Teenie bei den Backstreet Boys...

In Las Vegas kann man schon mehrere Male gewesen sein, man (oder zumindest ich) steht doch jedes Mal wieder Wie ein kleiner Junge mit großen Augen vorm Christbaum: Alles glitzert, alles glänzt, von überall her dröhnt Musik und/oder das Geklingel der Spielautomaten, die Straßen sind voll mit feiernden Menschen, alle Sinne stehen auf Overload. Und da es Juli ist, vor allem auch der "Schwitz-Sinn": Ankunft 19 Uhr, es hat 107° Fahrenheit - 42° Celsius, mit der nicht vorhandenen Feuchtigkeit einer Sauna.
Insgesamt wirkt Las Vegas wie der glitzernde Stinkefinger, den Amerika der Rezession vor die Nase hält, um zu sagen "Ha, so schlimm isses ja gar nicht, feiern, spielen und saufen können wir noch!" Aber grade nachts, wenn alles andere hell erleuchtet ist, sprechen einige dunkle Flecken am Strip, Baustellen, an denen nicht wirklich viel weiterzugehen scheint, eine andere Sprache. Das bestätigt auch der Mann der Freundin, bei der ich hier übernachten konnte, dessen Firma 70 Prozent der Angestellten entlassen hat. Dankenswerterweise gehört er zu den restlichen 30 Prozent.
Die ersten paar Tage in Vegas verbrachte ich mit Brenton und Eli, zwei Australiern, die mit mir die Tour durch den Yosemite mitgemacht hatten, sowie auch den Pub Crawl in San Francisco. Wir teilten uns eine Suite im "Monte Carlo", im Herzen des Las Vegas Boulevard, ein sensationeller Luxus nach sechs Monaten Hostels, Schlafsälen und Campingmobilen. Ähnlich luxuriös und vor allem heimatlich auch das Mittagessen am Tag nach meiner Ankunft: Weißwürste, bayrisches Bier und Brenz'n, denn Brenton hatte sich zu seinem Geburtstag an diesem Tag ein Essen im örtlichen Hofbräuhaus gewünscht. Schon irgendwie ein schräges Gefühl, wenn man tausende Kilometer von zuhause weg ist, das oben genannte "Einser-Menü" aus Wurscht, Bier und Schnaps zu sich nimmt und dabei auch noch einem Alphornspieler zuhört/-sieht. Leider geriet unsere kleine Feier dank zuviel Bier und Schnaps etwas außer Rand und Band und nach einem abschließenden Mega-Cocktail im Circus,Circus-Casino enden die Feierlichkeiten zur nachtschlafenden Uhrzeit von 17 Uhr im Hotelzimmer, mit zwei Drittel der Mannschaft völlig hinüber am Bett und dem Geburtstagskinddrittel überm Mistkübel, wo er sämtliches Getrunkene und Gegessene der letzten Stunden wieder von sich gibt.
Dementsprechend verkatert geht's für mich dann zu meinem ersten Konzerthighlight des Sommers, weitere sind bereits geplant. Ort des Geschehens an diesem Abend: Der Pool des Hard Rock Casinos. Auf dem Tagesmenü steht 80s-Rock-Retro-Programm at its Best: Extreme und Ratt. Erstere erfolgreiche Hardrock-Funk-Rocker, die Anfang der 90er ihren großen Durchbruch hatten ("More than words" ist dem einen oder der anderen vielleich schon mal untergekommen ;-) ), zweitere absolut klassisch-primitive, in die Jahre gekommene Glamrocker, die erfolgreich vor allem Mitte der 80er. Zwei recht unterschiedliche Gruppen, wenn auch ungefähr im gleichen Genre zuhause, dementsprechend war auch der Konzertverlauf wie Tag und Nacht. Erste Gruppe Extreme: Vier Stangen Dynamit auf der Bühne, alleine mit der Energie des Sängers hätte man halb Vegas in die Luft jagen können. Sensationelle Musiker, vor allem der Gitarrist (Nuno is GOD, YEAH!!!!), super Program aus eigenen Songs, Medleys und Covers, einfach eine gute Stunde fantastische Unterhaltung. Zweiter Teil, Ratt: Kurz gesagt, 80s-Rock der dümmsten Variante, langweilig einen Song nach dem anderen runtergenudelt wie eine Platte, fünf Leute auf der Bühne, die zusammen nicht halb so viel Energie, Musikalität und überhaupt irgendwas an den Tag legen wie nur einer der Extreme-Leute.
Der Rest meiner Zeit in Vegas, nach Brentons und Elis Abreise, war der wohl denkbar uncharakteristischste (aber trotzdem sehr unterhaltsame) Las Vegas-Aufenthalt, den man nur haben kann: Bei einer Mormonenfamilie mit zwei Babys (drei und acht Monate) und einem zwejährigen Kleinkind. Und ich bleibe an dieser Stelle bei meiner Ansicht: Süß sind sie ja. Aber nur, solange man sie bei Bedarf wieder der Mutter in die Hand drücken kann ;-) Zur Erklärung: Die Hausherrin, Cami, ist eine Freundin, die vor fünf Jahren gemeinsam mit mir in Utah studiert hatte. Damals noch blutjunge Erstemestrige in Logan, Utah, ist sie heute verheiratet, komplett mit Haus in Vegas und Kind und Hund (und der Gartenzaun war glaub ich auch weiß, nur um das Klischee vervollzuständigen). Wenn auch für Las Vegas sehr uncharakteristisch, war diese Art von Aufenthalt trotzdem sehr interessant und lustig. Nach Hostels, Schlafsälen, Nachtfähren und- zügen, Strandhütten und Campingbussen nun Hiasi, der abenteuerliche Weltreisende, auf der Gästematratze zwischen Windeln, Teddybären und Babykrippe. Eine weitere Erfahrung am Weg.
Auch Vegas, wie schon in LA und San Francisco, kannte ich bereits, daher auch hier der Schlachtplan "Gemütliches Abhängen und noch nicht Gesehenes erkunden". Letzteres war einerseits die Downtown Gegend von Vegas, wo der Casino-Boom eigentlich seinen Ursprung hatte, die mittlerweile aber im Vergleich zu den weltbekannte Hotel/Casino/Entertainment-Palästen am südlichen Strip eher abstinkt. Einziges Hightlight: Die Fremont Street, eine Straße im ungefähr gleichen Ausmaß wie der Europark, komplett überdacht, und über die gesamte Länge dieses Dach erstreckt sich der größte Bildschirm der Welt, auf dem allabendlich verschiedene Videoshows abgespielt werden, in meinem Fall zum Thema Mondladung, da es der 20. Juli war und damit deren 40jähriges Jubiläum. Der zweite Punkt auf der Las-Vegas-To-Do-Liste war das Stratosphere, ein Casino in Form eines gut 300 Meter hohen Turms. Und was macht man auf der Spitze eines solchen Turm, wenn einem das Panorama zu langweilig wird? Las Vegas-Logik zufolge ist die nächstebeste Antwort: Achterbahn fahren. Deswegen gibt es dort, in 300 Meter Höhe, drei Achterbahnen: Einmal "Big Shot", die dich den fernsehturmartigen Spitz des Ganzen hochschiesst und wieder fallen lässt; einmal "X-Scream", dass dich über die Kante der Aussichtsplattform hängen und immer wieder fallen lässt; und schließlich "Insanity - The Ride": Ein Arm hält die Sitze mit den Passagieren über die Plattform hinaus, das Ganze fängt sich zu drehen an und währenddessen klappen die Arme langsam nach hinten, sodass du mit dem Gesicht gute 300 Meter nach unten schaust, während die Kreisformation langsam ihre Reisegeschwindigkeit erreicht - geil! :-)
Abschließendes Highlight in Vegas war Konzert Nr. 2, eigentlich der Grund, warum ich so lange (insgesamt zehn Tag) in Vegas geblieben bin: Ein wortwörtliches Rocken von A bis Z, am Programm in der MGM Grand Garden Arena standen Aerosmith und ZZ Top. Letztere (wer sie nicht kennt) drei wackere Uralt-Texas-Bluesrocker, zwei davon mit langen Vollbärten, der dritte ohne Bart, dafür heißt er Frank Beard (Kein Scherz!). Auf jeden Fall, Bärte hin oder her, die drei sind eine perfekte Vorgruppe, am Ende kocht die Halle. Die folgende Aerosmith-Show werde ich hier nicht näher beschreiben, das würde nur in einer zeit- und zeilenverschwendenden Schwärmerei enden, denn es war ein absolutes Spitzenkonzert: Super Stimmung, super Musik, super Show und extrem viel Energie bei den Akteuren. Nicht selbstverständlich, wenn man bedenkt dass der Altersschnitt auf der Bühne bei Ende 50 lag. Einen Höhepunkt kann ich dann allerdings doch nicht unerwähnt lassen: "We wanna recognise somebody special in the audience tonight, sombeody who's celebrating his birthday tonight... SLASH, COME HERE, YOU MOTHERFUCKER!!!!!" Nach dieser Ansage von Sänger Steven Tyler betritt der ehemalige Guns'n Roses-/Vevet Revolver-Gitarrist Slash die Bühne und rockt für einen Song mit Aerosmith mit. Eine Situation, für die ich ansonsten meinen linken Arm gegeben hätte, und dementsprechend verbringe ich die nächsten paar Minuten einem ähnlich ekstatischen Zustand wie ein 13jähriger kreischender Teenager beim Backstreet Boys-Konzert. Und doch sind zumindest einige der 32 Fotos während der wenigen Minuten des Gastauftrittes tatsächlich brauchbar. Das kann es wohl auch nur in Vegas geben, du bist bei einer deiner Lieblingsbands am Konzert und dann springt plötzlich einer deinen absoluten Heroes auf die Bühne.
Nach diesem langen Entertainment-Stop geht's jetzt weiter an die Ostküste zur "Freedom, Liberty and other meaningless 18th century bullshit-words"-Tour durch Washington D.C., Philadelphia und Boston.

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