Montag, 17. August 2009

Washington D.C.: Ein viertägiger Spaziergang im Vorgarten Amerikas

Küstenwechsel: Von der Glitzeroase Las Vegas in die selbsternannte Hauptstadt der Demokratie, Washington D.C. Ähnlich wie in Vegas sind auch in Washington D.C. schon im Anflug auf die Stadt die großen Monumente erkennbar, die man schon wie aus dem Effeff zu kennen glaubt, weil man sie in unzähligen Filmen gesehn hat (meist kurz vor ihrer Zerstörung durch Aliens, Flutwellen oder Terroranschläge). Aber während sich Amerika in Las Vegas als perlenketten-, glitzerhut- und sternchenbrilletragender Partytiger gibt, ist es in DC ganz seriöser Staatsmann, gezeichnet von historischen Stätten aus dem Unabhängigkeits- und dem Bürgerkrieg, Museen und Gedenkstätten an vergagenene Staatsgrößen und Kriege (und das warn ja so wenige nicht...) sowie natürlich von den zahlreichen Einrichtungen des aktuellen Regierungsapparats. Ein bißchen wie Wien, nur eben... anders! ;-)
Trotz des anstrengenden Übernachtfluges beginnt sofort nach der Ankunft die Erkundungstour. Bin ja nicht zum Spaß hier, die 18 Dollar für den mittlerweile sechsten Lonely Planet dieser Reise sollen sich ja gelohnt haben. Das erste Ziel liegt auf der Hand: Die National Mall, der so genannte "Vorgarten Amerikas": Ein Park, ungefähr so groß wie die Salzburger Altstadt vom Justizgebäude bis zm Schloss Mirabell, mit all den Sehenswürdigkeiten, die man als Washington-Frischling erwartet, in jede Himmelsrichtung im Umkreis von gut zwei Kilometern: In der Mitte der Riesen-Obelisk des Washington Monuments, davon ausgehend in östlicher Richtung die zahlreichen Museen des Smithsonian Instituts und an diesem Ende der Mall der Capitol Hill mit dem Capitol, dem Supreme Court und der Library of Congress. Am westlichen Ende des Parks das Lincon Memorial, umgeben von Denkmälern an die Weltkriege, Korea und Vietnam (es ist noch genug grün im Park, Afghanistan und Irak werden sicher noch folgen...), im Norden das Weiße Haus und im Süden die Denkmäler an die Präsidenten Jefferson und Franklin D. Roosevelt.
Dabei ist natürlich immer alles fokussiert auf Freedom, Liberty, Independence, Constitution, Democracy und ähnlich große Worte, bis hin zu den Straßennamen: Eingerahmt wird die National Mall von der Independence und der Constitution Avenue. Und so sitzt man dann unterm Washington Monument, beeindruckt und inspiriert von der grandiosen Umgebung der der umliegenden Monumente und Museen und packt den Laptop aus, um seinen Gefühlszustand in Worte zu fassen. Dieser meldet einem dann auch gleich, dass es Internetempfang gäbe. Der Name des Netzes: Freedom-WiFi. Eh kloar...
Trotz der oben erwähnten Kompaktheit der großen Highlights bestehen die nächsten Tage eigentlich nur aus einem: Gehen. Sightseeing, bis die Füße bluten und die Kamera raucht, von Momument zu Memorial zu Museum und wieder zurück. Es gibt einfach zuviel Gutes zu sehen, um irgendwas auszulassen. Dank ungezählter Infotafeln, einer geführten Tour durch die Gegend, Foldern und Museumsbesuchen kann ich auch mein Geschichtswissen um eine Vielzahl weiterer unnützer Daten und Fakten erweitern. So z.B., dass auf Thomas Jeffersons Grabstein auf seinen eigenen Wunsch hin steht, dass er Gründer der Universität von Virgina war sowie Verfasser der Unabhängigkeitserklärung und der Erklärung des Staates Virgina für Religionsfreiheit. Die Tatsache, dass er "daneben" auch Präsident der Vereinigten Staaten war, hielt er aber anscheinend nicht für erwähnenswert. Spannend, oder?! ;-)
Davon abgesehen kann ich in DC meine ersten Erfahrungen mit couchsurfing machen, und es sind ausnahmslos sehr gute. Wer das Konzept noch nicht kennt: Couchsurfing ist eine ähnliche Internet-Community wie Facebook oder studivz, allerdings mit dem Schwerpunkt auf Reisen. Vereinfacht gesagt, stellen die Mitglieder ihre Gästebetten, Luftmatratzen, Couches usw. anderen Mitgliedern für einige Nächte zur Verfügung. Zwar etwas umständlicher zu arrangieren als ein Hotel- oder Hostelaufenthalt, aber letztlich hat man mehr davon, denke ich: garantiert neue Bekanntschaften (und in meinem Fall sehr nette), einen lokalen Insiderblick auf die jeweilige Stadt und nicht zuletzt natürlich die gratis Übernachtung.
Während meiner vielen Stunden zu Fuß über die National Mall wird mir bei einer Gelegenheit auch wieder bewusst, wie paranoid mich die letzten Jahre voller terrorismusgetränker Nachrichten und Actionfilme voller bärtiger Islambösewichte gemacht haben: Ein schwarzhaariger Mann mit Vollbart, adrett gekleidet, aber mit Sporttasche fragt mich nach dem Weg zum World-War-II-Memorial. Nachdem ich ihm den Weg gedeutet habe, wird mir plötzlich klar: "Oh Gott, was, wenn das jetzt ein Selbstmordattentäter war und in der Tasche steckt kiloweise Sprengstoff?!?! Und ich habe ihm jetzt auch noch den Weg gewiesen, oh nein!!!!" Fast wollt ich mich schon kopfüber zu Boden werfen und schreien: "RUN EVERYBODY, HE'S GOT A BOMB!!!!" Aber letztlich überwog doch die heimatliche Schau-ma-moi-wos-passiert-Einstellung, zu Recht, denn es flog nichts in die Luft, das Einzige, das er wenn überhaupt gesprengt hat, war wohl das speichervolumen seiner Digitalkamera. Andererseits: Vielleicht hat er nur die Lage abgecheckt, alles ausspioniert und der wahre Attentäter kommt erst und... ok, lassen wir das.


Abschließend, frei nach dem Motto "Einen hab ich noch", noch eine kurze Anekdote, wie sehr Präsident Obama mit seinem "Yes, we can!"-Slogan schon den amerikanischen Alltag durchdrungen hat: Zwei kleine Kinder wollen vor dem Lincoln Memorial auf einen Sockel klettern, um sich eine bessere Übersicht zu verschaffen. Mit einem beherzten "You can't go there" will die Mutter sie stoppen. Da dreht sich der kleine Bub um, schaut sie frech an und sagt:

"YES, WE CAN!!" ;-))

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