Dienstag, 17. März 2009

Laos P.D.R. – Please don’t rush!

Die offizielle Bezeichnung für Laos lautet „Laos P.D.R.“. Letzteres steht eigentlich für „People’s Democratic Republic“, eine Bezeichnung mit der sich kommunistische Staaten offenbar gerne schmücken. In Backpackerkreisen wird die Abkürzung aber auch gerne als „Please don’t rush“ interpretiert, da es die Einheimischen gerne etwas langsamer angehen lassen, getreu dem Motto „Immer... schön... eins... nach... dem... anderen...“.
Dementsprechend relaxed war auch unser erster Stop in Laos, in der ehemaligen Königsstadt Luang Prabang. Sehr positiv war dabei vor allem ein engerer und angenehmerer Kontakt mit den Einheimischen, als er (zumindest unserer Erfahrung nach) in Thailand je möglich gewesen wäre. Allein schon der tägliche Nachtmarkt, ruhig, klein, gemütlich, mit wirklich schönen Sachen, war eine wahre Wohltat verglichen mit dem Shoppingwahnsinn in Thailand, vor allem Bangkok, mit tausenden gefälschten Markenartikeln und/oder sinnlos-billigem Elektronik- und Folklore-Ramsch („Oh ja, ich hätte bitte gerne einen Holzfrosch, der das Geräusch einer Grille imitiert, wenn man ihm mit einem Holzstock den Rücken runterfährt, unbedingt!“)
Schon am ersten Abend durften wir an einer jährlichen Feier im Nachbarhaus teilnehmen, beim „Chief of the village“, wie uns unser Begleiter von der Jugendherberge erklärte. Ich würde das einmal frei übersetzen mit „Gemeinderat“, vielleicht wars aber einfach auch nur der oberste örtliche Funktionär der laotischen kommunistischen Partei, wer weiß. Egal, wer der Typ eigentlich war, auf jeden Fall gab es (gratis) traditionelles laotisches Essen (Sticky Rice, Fischsuppe, Frühlingsrollen und gepresste Algen mit Sesam), laotischen Whiskey (Weiß Gott woraus gebrannt, aber schlecht war er nicht) und eine inoffizielle Unterrichtsstunde in laotischem Tanz. Umgekehrt haben wir, quasi Vertreter der westlichen Welt, als tänzerisches Symbol der Völkerverständigung der örtlichen Landjugend den Macarena beigebracht. Bzw. haben das die Mädels gemacht, während wir weiter Whiskey verkostet haben. Als Höhepunkt des Abends wurden wir noch von der Oma das Hauses hochzeremoniell mit bunten Armbändchen gesegnet, die nach laotischem Glauben die verschiedenen Seelen, die in unserem Körper wohnen, zusammen halten sollen (ah, daher immer die verschiedenen Stimmen in meinem Kopf...) und so Gesundheit und Wohlstand garantiert.
Ein weiteres Highlight war schon am nächsten Tag eine Lagune von unglaublicher Türkis- und Blauheit in der Nähe von Laung Prabang, wieder mal ein Fall von „Ich dachte, sowas Schönes gibt’s nur als Attrappe in Disneyland“ (siehe Bilder), genauso wie der Sonnenuntergang in einem kleinen Fischerdorf am Mekong, wo sich die einheimischen Kids köstlich amüsierten über unsere konstant scheiternden Kommunikationsversuche (oder vielleicht haben sie auch einfach nur unsere Kleidung ausgelacht). Und was wäre ein Nachmittag am Mekong ohne eine ordentliche Schlammschlacht (wörtlich, nicht metaphorisch)?
Gewissermaßen eine touristische Schlammschlacht, aber trotzdem ein bewegendes Erlebnis war der tägliche Gang der Mönche durch Luang Prabang im Morgengrauen, auf dem sie von den Einheimischen Essen und Almosen empfangen. Für die Mönche ist dies die einzige „Einnahmequelle“, für die Einheimischen eine wichtige Tradition für den Eintritt in eine bessere Welt, für viele Touristen ist es die Hauptattraktion der Stadt und mehr ein „Mönche-Füttern“ als eine ernstgemeinte Gabe. Leider säumen mittlerweile mehr Touristen als Einheimische den Weg der allmorgentlichen Prozession und viele missachten dabei so ziemlich jede Regel, die es zu beachten gäbe. Dass um 6 Uhr morgens niemand gern einen Fotoapperat mit Blitz ins Gesicht gehalten bekommt, sollte logisch sein, und auch die lokalen Benimmregeln sind nicht so schwer einzuhalten, zum Beispiel dass die Füße (als schmutzigster Körperteil in der hiesigen Kultur) nicht in Richtung der Möche zeigen sollten oder dass niemand über den Mönchen stehen darf. Leider ist hier aber ein gutes Foto vielen Menschen mehr wert als die Distanz, die sie als Touristen mit etwas Respekt eigentlich wahren sollten. Wir sind keine Buddisten, wir sind kein Teil der hiesigen Kultur, wir sind Beobachter von Außen und manchmal einfach nur störende Subjekte. Mit ein bisschen Feingefühl und Hausverstand sollte das jedem Reisenden klar sein und er sich dementsprechend verhalten. Anscheinds sind dies jedoch Eigenschaften, die viele im Zuge der Einreise beim Zoll in Bangkok abgeben.
Als großer „Abschlussevent“ unseres Aufenthaltes in Luang Prabang war schließlich mit den anderen Gästen unserer Jugendherberge eine große Feier geplant, um deren neunmonatiges Bestandsjubiläum sowie die Auszeichnung als bestes Hostel in Laos gebührend zu feiern. Startschuss war ein gemeinsames Abendessen im Lao Lao Garden, der vor allem durch eine interessante Speisekarte bestach: Neben Speisen und Getränken enthielt sie zwei Seiten Fragen und Antworten für Touristen zu Laos und was man hier kann/darf/soll und vor allem, was man nicht kann/darf/soll: Darunter Vieles aus der Kategorie „Gut zu wissen“, wie „Sag Nein zu Drogen, weil entweder die schlechten Drogen bringen dich um oder die Todesstrafe tut es“, „Das hier ist nicht Thailand, es gibt keine Sexindustrie, Bettspiele mit den Einheimischen gibts erst nach der Hochzeit“ oder unser absoluter Favourite: „In laotischen Gefängnissen wird kein Essen gestellt, wenn du verknackt wirst, müssen dir Verwandte oder Freunde das Essen bringen!“ (Kein Scherz, stand da wirklich!)
Ein wichtiger Punkt natürlich auch die Ausganssperre ab Mitternacht, aufgrund derer Bars und Restaurants um spätestens halb 12 zusperren müssen, um allen noch die Gelegenheit zu geben, rechtzeitig daheim zu sein. Dies galt einigermaßen auch für die Disco, in die unsere Feier dann weiterzog: Um 11 kamen wir dort an, um kurz nach halb 1 war auch schon wieder Zapfenstreich. Schade eigentlich, abtanzen mit den einheimischen Kiddies zu Disco- und Hiphop-Hits von vorvorgestern und lokalen Thai- und Lao-Songs und das in Flip-Flops und einem Bon-Jovi-T-Shirt, das hatte schon fast wieder was Surreales ;-) Das alles unter den wachsamen Augen vier grimmig dreinschauender Security-Typen, die etwas erhöht positioniert waren und dementsprechend sofort zur Stelle, wenn sich jemand mit einem Getränk und/oder einer Zigarette auf die Tanzfläche wagte. Jaja, Keep on Rocking in a free world, nicht wahr, Jungs?!
Aber um halb 1 kann man natürlich keine anständige Feier ausklingen lassen, nicht einmal in einer verschlafenen Kleinstadt in einem südoastasiatischen Kommunistenstaat. Und so gibt es auch in Luang Prabang einen Platz für Nachtschwärmer, der bis 3 Uhr morgens offen hat. Blitzumfrage: Ist es a) eine weitere Disco mit besseren Connections zum Politbüro, b) eine versteckte Partyhütte im Dschungel außerhalb des Einflusses des Politbüros, c) ein Partykeller im örtlichen kommunistischen Politbüro selbst oder d) keine dieser Möglichkeiten. Richtige Antwort: d), es ist nämlich die örtliche Bowlingbahn. Ja, ganz recht, wenn man sich in Luang Prabang auch nach der Sperrstunde amüsieren will, geht man – bowlen. Warum dem so ist, das weiß Gott – oder Karl Marx, wir wissen’s leider nicht. Geheimnis den Obrigkeiten gegenüber ist es auf jeden Fall keines, dagegen spricht schon der nette uniformierte Herr mit der AK-47 in der Hand, der vor der Bowlingbahn die Stellung hält, als wäre es die amerikanische Botschaft.
Summa summarum also ein sehr schöner, relaxter Start in unseren Aufenthalt in Laos, dem nichtgeplanten Land, das dann doch am Weg lag ;-)

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