Mittwoch, 18. März 2009

Vang Vieng – Jedes Land braucht sein Malle, Teil 3

Vom relaxten Weltkulturerbe und Mönchprozessionen weiter zur Touristenhochburg und unserem alten Bekannten, dem Bucket: Sechs Stunden Busfahrt trennen die beiden Extreme Luang Prabang und Vang Vieng, vier davon über holprige, schlangenliniege Bergstraßen, durch abgeschiedene kleine Bergdörfer und auch durch ein bisschen Buschfeuer. Diese Fahrt hat uns auch davon überzeugt, dass es im Laotischen wahrscheinlich keine Wörter gibt für "Ortsbeschränkung", "Auf Sicht fahren" oder "Elchtest". Aber immerhin, wir sind alle unbeschadet angekommen und unser Gepäck ebenso.
Wie schon angedeutet, ist Vang Vieng (soweit wir das beurteilen können) sowenig eine authentische laotische Stadt wie Obertauern ein traditionelles österreichisches Bergdorf ist: Die Hauptstraße besteht de facto nur aus Touristenunterkünften, Restaurants, Cafés und Bars, alle im Gästeraum geradezu tapeziert mit großen Flachbildschirmen, die Passanten mit "Friends", "Family Guy" und den "Simpsons" dauerbeschallen und –strahlen und so Gäste anlocken sollen. Aber wer weiß, vielleicht gehören die ersten paar Stafeln von "Friends" genauso in jedes anständige laotische Wohnzimmer wie die "Piefke Saga" und "Muttertag" in jedes österreichsche.
Hauptattraktion von Vang Vieng ist das so genannte "Tubing", zu deutsch "In einem LKW-Reifen-großen Gummischlauch den Fluß hinuntertreiben" (Manchmal hat ein Anglizismus doch eine Daseinsberechtigung). Diese Aktivität ist zwar an vielen Orten möglich, wird aber wohl kaum anderswo so gekonnt kombiniert mit Saufen, Party, Tralala wie in Vang Vieng. Der Tubing-Teil des Nam Song ist mittlerweile weniger ein Fluß als vielmehr ein Wasser-Funpark, an dem sich Soddom und Gomorrha tagtäglich zuprosten: Mehr als zehn Bars säumen die gut einen Kilometer lange Tubing-Strecke, jede kaum mehr als ein Holzgerüst am Ufer mit laustarker Technomusik, allerlei Bier und Buckets im Angebot und "Lockvögeln", die dich und deinen Reifen, wenn gewünscht, via Seil aus dem Fluß in die Bar ziehen. Und nicht zu vergessen die Hauptattraktion jeder Bar: 10 bis 15 Meter hohe Schaukeln und Rutschen, die die Besucher aus dementsprechend wüster Höhe (schätzomativ fünf bis zehn Meter) ins Wasser befördern. Meistens sind es Schaukeln, bei denen du an einem Trapez hängend von der Startplattform losspringst und dann in oben erwähnter Höhe hin- und herschwingst, bis du und/oder dein zu schwacher Bizeps sich entscheiden, loszulassen, hoffentlich mit einer Flugbahn, die nicht am nächstbesten Felsen endet. Ebenfalls beliebt die Variante, bei der du am Trapez hängend ein Stahlseil entlangrutscht bis zum dessen Ende, an dem dich die Fliehkraft dann höflich ins Wasser bittet, indem sie dir die Arme abreißt. Kommentieren zuhause im Schwimmbad die Zuschauer hie und da einmal einen Bauchplatscher mit verzerrtem Gesicht und kurzen „ups“- und „autsch“-Lauten, so kommt hier eigentlich jede Wasserlandung aus der Kategorie „Fuck, that’s gotta hurt!“. Diesem Kommentar können wir sowohl als Zuschauer als auch als „Landungsobjekt“ nur zustimmen.
Einerseits ein Riesenspaß und Nervenkitzel, überhaupt wenn wie hier kombiniert mit Partystimmung und einem dezenten Schwips. Andererseits (Achtung Kinder, hier kommt die Moralkeule): In Österreich hat wohl jeder kleine Wasserfall mit Sprungmöglichkeit mehr Bestimmungen zu erfüllen als dieser Mördergeräte hier, beziehungsweise schert sich mit ziemlicher Sicherheit kein offizielles Schwein um die Sicherheit bei dieser Gaudi. Und der Mensch, der dir das Trapez in die Hand drückt, ist kaum fähig zu beurteilen, ob die Landebahn frei ist, geschweige denn ist er „staatlich geprüfter Sicherheitsexperte für Schaukeln und Wasserrutschen“.
Bei einigen hundert betrunkenen und drogenbenebelten Benutzern täglich ergibt das schon in der Theorie eine ziemlich gefährliche Mischung. Die Praxis bestätigt das durch wüste Erzählungen anderer Teilnehmer („Ich arbeite seit fünf Tagen hier und hab schon gesehn, wie einer auf die Felsen geklatscht ist – tot, Genickbruch.“) sowie durch eigene Erfahrungen: Fast jeder aus unserer Gruppe hat kleine Wehwehchen aus dem Fluß mitgehommen, der Jackpot geht dabei an unsere belgische Mitreisende An: Eine missglückte Rückenlandung hat ihren Rücken in allen Farben des Regenbogens eingefärbt und wie sich einige Tage später vor ihrem Abflug im Krankenhaus in Bangkok herausstellte, sind zwei ihrer Rippen angeknackst.
Aber bei aller medizinischen Schwarzmalerei, es war ein weiteres, letztlich lustiges Erlebnis am Weg, wir snd alle gesund, munter und froher Dinge und Ans Reise ist mittlerweile sowieso vorbei, nicht wegen des Rückens, sondern weil es so geplant war.
Abgesehen vom Tubing hatte Van Vieng auch landschaftlich einige Highlights in der näheren Umgebung zu bieten, die wir mit ein paar gemieteten Mopeds erkundschaftet haben. „Born to be wild... und staubig“, sag ich da nur ;-) Nach einem ganzen Tag auf holprigen Schotterstraßen hat Lukas’ Moped dann allerdings leider den Geist aufgegeben, mitten in der laotischen Pampa, kurz vorm Dunkelwerden, yupidu. Die „Rettungsaktion“ war letztlich aber doch sehr unterhaltsam: Mit Händen und Füßen konnten wir jemandem im nächsten Dorf mit einem Pickup in der Garage begreiflich machen, dass wir ein hier verrecktes Moped haben, das wir gerne auf von ihm in die Stadt transportieren lassen würden. Prinzipiell auch kein Problem, nur musste der gute Man (mit Frau und Tochter) erstmal sein eigenes Transportmittel anschieben, bevor er uns helfen konnte, und auf der Fahrt in die Stadt ist ihm dann auch noch ein Reifen geplatzt. Aber sowohl Lukas als auch Moped als auch alle anderen plus Gefährt sind letztlich wieder heil im Guesthouse angekommen. Gerade rechtzeitig für die nächste Runde „Family Guy“...
Nach Vang Vieng war die laotische Hauptstadt Vientiane unsere nächste Station, von der es allerdings null (in Worten: Nichts) zu erzählen gibt. Merken: Wenn sogar schon der Lonely Planet eine Stadt als „wahrscheinlich die entspannteste Hauptstadt der Welt“ bezeichnet, steht da in Wahrheit ganz groß LANGEWEILE. Deswegen sind wir nach zwei Tagen auch wieder aufgebrochen zu einer 24stündigen 1000-Kilometer-Tuk-Tuk-Nachtzug-Bus-Taxi-Odysee via Bangkok, die uns zu einem der Highlights, wenn nicht sogar DEM Highlight, des Südostasientrips führen soll: Die Khmer-Tempelstadt Angkor Wat.

2 Kommentare:

  1. Danke,danke,... At least thanks to you I got my five minutes of fame :-)

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  2. na, ihr wollts ja gar nicht mehr raus aus asien? schöne geschichten und schöne bilder habts ihr da!! wann kommt denn ein kontinentwechsel? aber lassts euch zeit, ihr verpasst hier eh nix außer mieses wetter!


    gruß vom ex-trolleygirl jea*

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